Jüdisch-Palästinensische Dialoggruppe

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Referate auf der Veranstaltung "Meinungsfreiheit statt Zensur" am 15.10.2019 im Titania Theater in Frankfurt

Referate auf der Veranstaltung "Meinungsfreiheit statt Zensur" am 15.10.2019 im Titania Theater in Frankfurt

Referat Hartmut Bäumer / Transparency Deutschland

 

Referat Judith Bernstein / Judische-Palästinensische-Dialog-Gruppe München

 

Referat Dr. Khalid Hamad / Palästinensische Gemeinde Deutschland

 

Tonaufzeichnung

 

https://nc.coalcave.de/index.php/s/gD6PS737KQEDqke

 

Datei 1: Bäumer ab Min 0:  (die ersten ca. 20 Minuten fehlen)

 

Datei 1: Judith Bernstein ab Min 15:20

 

Datei 2: Judith Bernstein

 

Datei 2: Dr. Khalid Hamad  ab Min 6:10

 

 

Referat Hartmut Bäumer / Transparency Deutschland

Eingangsreferat

 

(Der Anfang des Referats fehlt - ca. 20 Minuten)

 

..... der Öffentlichkeit ganz deutlich gemacht, dass man mit denen eigentlich nichts zu tun haben darf. Das sind so die Zwischenstadien zwischen formal demokratisch organisierten und mehr direkt autoritär wie in China ???? das was nicht opportun ist, wird verboten

 

Wir haben leider in der EU auch Staaten, die immer mehr zu dieser - Orban hat gesagt "illiberalen Demokratie" kommen in dem sie auch ihren NGOs[1] das Leben ganz schwer machen, dadurch, dass sie Gelder entziehen oder wie z.B. in Ungarn, jemand wie der Soros der die Universität mit viel Freiheitswillen aufgebaut hat und jetzt nach Wien umziehen muss.[2] Das sind die subtilen Wege, wie man dazu beiträgt oder wie Staaten versuchen die Meinungsfreiheit, die organisierte Meinungsfreiheit, einzuschränken.

 

Man kann sich natürlich fragen in unserem Staat, gewaltengeteilten Staat, formal auch demokratisch und ich würde sagen wir sind auch gemessen an vielen anderen Ländern demokratisch, aber die Anfechtungen sind ja da.

 

Warum brauchen wir denn eigentlich die Zivilgesellschaft?

 

Und das ist in den letzten 2030 Jahren so deutlich geworden. Ich brauche momentan da nur an Friday for Future zu erinnern. Wenn der Druck, und zwar egal in welcher Partei, das gilt auch für die Grünen, da bin ich ja Mitglied, wenn der Druck der Zivilgesellschaft auf Veränderungen nicht da ist, dann werden wir gemeinsam immer mehr in eine Politik gepresst, die als unabänderlich dargestellt wird.

 

Und nur dadurch, dass Menschen bereit sind zu sagen sie kämpfen für andere Ziele und sie weisen darauf hin, dass was falsch läuft und zwar bei uns, wie in anderen Ländern, nur dadurch wird Demokratie wach und lebendig. Das ist zwar in den letzten 25 Jahren gesehen worden, es ist aber in Deutschland nicht zu einer Änderung gekommen, wo es hätte sein müssen.

 

Und jetzt komme ich Mal auf die Sache mit Attac zu sprechen.

 

Seit Rot Grün, 1998 - da war ich Regierungspräsident in Gießen - , haben wir die Diskussion gehabt, dass die Abgabenverordnung geändert werden muss, dass die Zivilgesellschaft gestärkt werden muss.

 

Und dann gab es auch eine Enquete Kommission, die hat 2002 ganz vernünftige Vorschläge vorgelegt hat, aber die sind auch versandet.

 

2005 kam dann der erneute Regierungswechsel, aber auch die damaligen Parteien Rot/Grün haben sich nicht mit Ruhm bekleckert, weil man es hätte festklopfen müssen, dass die Organisationen, die sich im Gemeinwohlinteresse engagieren, besser geschützt sind.

 

Denn ohne die finanzielle Absicherung, auch über die Gemeinnützigkeit, läuft da wenig.

Es ist vollkommen klar, man lebt auch von kleinen Spenden, aber in dem Moment, wo auch nur ein paar hundert Euro wenigstens steuerlich absetzbar sind, ist es eher so, dass man die bekommt, als wenn es nicht so ist, oder gar noch stigmatisiert wird‚ "na, die sind nicht so ganz koscher, die kriegen keine Gemeinnützigkeit."

 

Dies ist nicht erfolgt und hat dazu geführt, dass über die Jahre zwar die Regierenden gesehen haben, was die NGOs machen und manchmal war man froh, dann hat es Druck in die Richtung gemacht, die man auch will, aber man hat ganz genau beobachtet, wo werden jetzt Grenzen des politisch Genehmen? des Gewollten eventuell der Parteien verletzt.

 

Und deswegen hat man es nicht ausgeweitet, sondern sich die Möglichkeit vorbehalten in einer bestimmten Art und Weise evtl. gegen Organisationen eventuell vorzugehen, hat man nicht gemacht

 

Und dann kam hier vom Finanzamt Frankfurt die Infragestellung der Gemeinnützigkeit von Attac. Und das ist nun ganz interessant. Dann wurde das abgesprochen, es gibt einen Katalog in der Abgabenordnung,  aus dem sich das ergibt.

 

Dann hat aber der Hessische Finanzhof entschieden: das ist zu Unrecht geschehen. Und jetzt kommt die schwierige Volte - ich bin wirklich als kurz nach dem Krieg Geborener in diesem demokratischen Staat angekommen und ich habe wichtige Funktionen als Beamter innegehabt, aber manches, da fass ich mir einfach an den Kopf, wie können Beamte so etwas machen.

 

Hier ist nämlich jetzt Folgendes passiert – nach den Informationen, die ich habe -, hat das Hessische Finanzamt dann gesagt: ok, wir machen nichts.

 

Und dann kam vom Bundesfinanzministerium - und der Scholz hat daran auch nichts geändert, da war er noch nicht Minister  – kam der Druck dagegen in Berufung zu gehen oder in Revision.

 

Dann hat der Bundesfinanzhof diese schwierige Entscheidung vor allem mit der Begründung gefasst „Zivilgesellschaftliche Organisationen, die sich allgemein politisch betätigen verlieren den Schutz der Gemeinnützigkeit“.  Sie dürfen sich also nur in ganz engen Rahmen (betätigen), in dem sie die Gemeinnützigkeit anerkennen.

 

D.h. für uns (Transparency Deutschland)[3] wir müssen die Strafbarkeit, uns dafür einsetzen, dass die Korruption bestraft wird, also sehr eng.

 

Jedem, der sich Mal organisiert engagiert hat ist klar, dass es so nicht geht, sondern dass man dann auch Forderungen an Parteien stellt: Das müsst ihr ändern damit es in diesem Sinne besser wird.

 

Der Hintergrund dieser so engen Auslegung ist nicht, dass die das nicht machen konnten, dazu bin ich Jurist genug. Sowohl der Hessische Finanzhof wie der Bundesfinanzhof konnten auf der Basis dieser schwammigen Formulierungen so entscheiden wie sie entschieden haben.

 

Der Hintergrund ist aber einer, den wir nun ganz vergessen haben.

 

Man hat in den 90er Jahren gesagt, man will die Parteien zügeln in ihrem ungezügeltem Drang nach mehr Geld. Und dann gab es ja die Parteienfinanzierung und man wollte verhindern, dass sie über Organisationen, die sie selber gründen, quasi sie sich auf einen Umweg begeben um an Geld zu kommen (<????). Und deswegen diese Einschränkung der allgemeinpolitischen Betätigung.

 

In den letzten 25 Jahren ist aber so viel passiert, dass, wie ich am Anfang gesagt habe, die Parteien in vielen Fällen gar nicht mehr abdecken was in der Gesellschaft tatsächlich los ist und gefordert wird.

 

Das gilt übrigens auch bis in Ecken, mit denen ich nun gar nichts zu tun hab. Das muss man aber heute sagen, wir wollen das nicht ausweiten,  damit nicht auch noch Pegida gemeinnützig wird.

 

Das ist an den Haaren herbei gezogener Quark. Das ist wirklich nicht angezeigt.

 

Weil bei Pegida klar ist, da sind verfassungsrechtliche Grenzen weit überschritten und zu sagen, dann müssten wir ihnen das auch geben, das ist Unsinn. Das ist aber nur die fehlende Bereitschaft sich damit auseinanderzusetzen.

 

Im Ergebnis haben wir jetzt die Situation, dass im Moment Herr Scholz ein 180 Seiten Reformgesetz für Steuerrecht vorlegt – dieser ????? kommt nicht vor, hätte er gekonnt, hat er nicht gemacht

 

Das heißt, es gibt nach wie vor eine fehlende Bereitschaft  auch den notwendigen Hirnschmalz anzuwenden. Man muss schon schauen was man tut. Es geht nicht darum, dass alles gemeinnützig sein kann, was man sich auf die Fahnen schreibt. Ich habe Pegida eben schon genannt. Aber das ist ohne Probleme machbar

 

Das ist eine Situation, die mir und uns zeigt dass das Wissen und auch das politische Gespür dafür, was Demokratie in der Gesellschaft ausmacht, dass das fehlt.

 

Man will in den Denkkategorien bleiben in der Politik und dann sagen, da möchte ich nicht dran gerührt haben.

 

Und diejenigen, die das stört und die das stören wie z.B. die Deutsche Umwelthilfe (DUH), die werden mit dem Risiko belegt, dass man sie auch austrocknet.

 

Und da schließt sich der Kreis zu einem ganz anderen Thema. Will ich nur andeuten, da stehen natürlich ganz starke mächtige Kapitalinteressen dahinter.

 

Wer so VW, Audi, auf die Füße tritt, der darf sich leider auch nicht wundern, dass er angegriffen wird. Und da ist es wirklich notwendig zu sagen – wehret den Anfängen.

Das ist so, wenn man das zulässt, dass eine Organisation wie die DUH, die gesetzlich eigentlich Aufgaben wahrnimmt, die die Verwaltung wahrnehmen müsste – ihr hat man ja die Aufgabe übertragen teilweise zu schauen, ob Betriebe die Umweltnormen einhalten oder nicht.  Dass man dann quasi denen entgegenhält, ihr seid ja sozusagen gesetzesuntreu, man müsste euch das Wasser abgraben, das ist schon mehr als hanebüchen (<??).

 

Ich will an dieser Stelle, neben der Sache, die ich gerade zitiert habe – was ein Herr Pfeifer, Bundestagsabgeordneter, der sich so geäußert hat, aber noch ein paar andere eben auch, der Ministerpräsident von NRW[4] - aber auch nochmal auf heute Abend zu sprechen kommen.

 

Wie gesagt, ich bin kurz nach dem Krieg geboren, ich weiß, welche fürchterliche Gräuel die Deutschen den Juden, auch anderen, angetan haben und so ne Debatte, die ist schon sehr schwierig.

 

Weil ich gerade gehört habe, dass sie aus München kommen, ich war da Fraktionsvorsitzender, da war Strauß noch Ministerpräsident und dann gab es den ersten Krieg um Kuwait. Und da haben wir auch da ne Debatte gehabt und ich hatte auf der einen Seite einen sehr netten Palästinenser und auf der anderen Seite eine sehr nette Israelin. So schwierig - es war auf dem Marienplatz - , hab ich ne Diskussion noch nie empfunden.

 

Jetzt bin ich ein paar Jahre älter und es ist immer noch schwierig – dies möchte ich vorab sagen.

 

Und ich möchte auch sagen, was an diesem Abend so deutlich wird ist, wenn man das nicht mehr diskutieren will oder kann, dass vielleicht einige Menschen  - ich stehe nicht hinter den Forderungen von BDS, manches finde ich aber nachvollziehbar, aber das ist ja was ganz anderes - aber wenn ich das nicht mehr diskutieren kann oder hier lesen muss, dass der Herr Becker dem Club Voltaire androht die Zuwendungen zu entziehen, ja dann sage ich – wo sind wir denn eigentlich. (Beifall)

 

Mit einer Anekdote schließe ich, die hat auch mit Frankfurt zu tun.

 

Sie wissen, hier war Mal ein Hr. Brück OB und der war auch mal, da war er noch nicht OB, da war er Dezernent, da war ich Richter am Arbeitsgericht, da wurde ein Mann entlassen, dem unterstellt wurde er sei Mitglied des KBW (Kommunistischer Bund Westdeutschland). Und dann war der das nicht mehr.

 

Und ich war an einigen Stellen Vorsitzender und ich muss Ihnen ehrlich sagen, die Art wie Brück argumentiert hat, er war Oberstaatsanwalt, wenn ich ihm gesagt hätte, was ich gedacht habe, jetzt kann ich es sagen „Du hättest im Dritten Reich auch deine Rolle gespielt“ - wie er argumentiert hat, das war unmenschlich und daneben.

 

Das hat jetzt nichts mit Herrn Becker zu tun, weil ich den nicht kenne, aber ein guter Freund von mir hat gesagt, der sei recht liberal. (Lachen)

 

Das man heute, warum auch immer, sich hinstellt und sagt, das wollen wir nicht diskutieren, ich setze mich auch mit AfD Unterstützern hin, das mache ich mit Bauchschmerzen, aber verdammt nochmal, wir müssen diese Diskussion aufnehmen, sonst geht es nicht besser.

 

Ich habe Israel besucht, und ich verstehe zumindest, dass einige im Westjordanland oder in Hebron Lebenden, wo man dort mit Scheiße von oben runter beschmissen wurde, die sagen, ich kann das nicht mehr, ich halte das nicht mehr aus.

 

Auf der anderen Seite habe ich auch Freunde, die ein Kind verloren haben, weil eine Bombe im Bus hochging.

 

Also, das ist nicht nur schwarz – weiß.

 

Ich finde aber zu der Debatte, ????  Sozialistischen Büro, wo ich auch war, und Michael Brumlik und der BDS ????  der neue McCarthyismus, da ist vieles gesagt, was es zu sagen gibt.[5]

 

 

 

 

Matthias Jochheim

 

Vielen Dank Herr Bäumer, ich finde Sie haben einen wirklich wunderbaren Einstieg in unseren Abend hier gemacht, weil Sie Themen angesprochen haben, die wir heute auch sicher noch weiterhin bearbeiten werden und sozusagen die Vogelperspektive auf die Problematik.

Dann wollen wir jetzt Judith Bernstein bitten etwas aus ihren Erfahrungen in München und der weiteren Umgebung zu erzählen. 

 

 

Referat Judith Bernstein

 

Ich bedanke mich erstmal für die Einladung.  Ich möchte am Beispiel München erläutern. Ich werde dabei auf die JPDG [6] eingehen, deren Mitglied ich bin und auf die Erfahrungen, die mein Mann [7] und ich gemacht haben. Ich werde nicht alle Vorkommisse vortragen. Damit würde ich Sie wirklich überfordern.

Mein Mann war 1977 Bundesgeschäftsführer der DIG[8] geworden. Er hat den Fehler gemacht mit einer Gruppe den arabischen Bürgermeister von Nazareth zu treffen und den kritischen Erziehungswissenschaftler Ernst Simon nach Deutschland einzuladen. Nachdem der damalige israelische Botschafter in Deutschland Yohanan Meroz die DIG vor die Wahl stellte, entweder meinen Mann zu entlassen oder auf die Beziehung zu verzichten, wurde natürlich mein Mann entlassen. Dazu möchte ich ihnen ein Zitat vortragen. Es stammt vom damaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts Ernst Benda, der auch Präsident der DIG war.

Bereits 1974 hat er in der Universität in Tel Aviv folgendes vorgetragen. "Als mir vor einigen Jahren in Jerusalem - ich war damals Präsident der DIG - von einem prominenten Vertreter ihres Landes der Dank dafür ausgesprochen wurde, dass wir so nachhaltig die Interessen Israels in der Bundesrepublik verteidigen, habe ich mich gegen diese Anerkennung deswegen verwahrt, weil wir nicht die Agenten Israels in Deutschland sind. Wir vertreten, wie es selbstverständlich ist, die Interessen unseres eigenen Landes, die wir so verstehen, dass der Einsatz für die Existenz und das Lebensrecht Israels zu den essentiellen Bestandteilen deutscher Politik gehören. Würde das in irgendeiner Weise zweifelhaft werden, würde eine nationale Politik, die Anspruch auf Glaubwürdigkeit erhebt und damit die Chancen auf Erfolg einschließt unmöglich sein. Diese Haltung der Solidarität schließt das Recht und die Pflicht zur Kritik ein, wenn wir glauben, dass Israel falsch handelt."

Das ist in den DIG-Informationen 1974 erschienen. Heute 45 Jahre später gewinnt man mehr denn je den Eindruck, dass deutsche Politiker in Sachen Nahost nicht deutsche, sondern die Interessen der israelischen Regierung und des Zentralrats der Juden in Deutschland vertreten.

Im Januar 2014 wurde in der Montessori-Schule in München die "Nakba"-Ausstellung gezeigt. Gegen die und unsere Vorträge gab es massiven Protest seitens der israelischen Kultusgemeinde, der liberalen Gemeinde, der DIG, der GRÜNEN Jugend und der Janus-Korczak-Akademie.[9] Ich wurde als Lügnerin und Verräterin bezeichnet. Ich habe eigentlich nur erzählt wie ich in Jerusalem aufgewachsen bin. Der Bruch kam am 9. November 2014. Auf Betreiben der israelitischen Kultusgemeinde wurde uns der Zutritt zur öffentlichen Erinnerung an die Pogromnacht am 9. November 1938 mit der Begründung verwehrt, man habe seine Vorschriften.

Ende 2014 bat mich die Konrad-Adenauer-Stiftung um einen Beitrag "Befreiung von Auschwitz - was die Enkelgeneration heute bewegt" für die Zeitschrift "Die politische Meinung". Darin bin ich auf das Schicksal meiner Familie eingegangen. Also meine Großeltern sind von Erfurth nach Auschwitz deportiert und dort ermordet worden. Meine Eltern sind 1935 nach Palästina gegangen. Ich fügte hinzu, mit der Erinnerung an die Shoa  verzeichnet die Politik erhebliche Erfolge Ängste in der Bevölkerung zu schüren. Daraufhin wurde mir mitgeteilt, dass der Beitrag interne Debatten um die politischen Implikationen ausgelöst habe, die möglicherweise Missverständnisse in Bezug auf die Intentionen der Konrad-Adenauer-Stiftung hervorrufen könnten. Der Artikel wurde nicht gedruckt.

Die Auseinandersetzung um die Vergabe von städtischen Räumen begann im November 2015 mit der Einladung von Christoph Glanz aus Oldenburg zu erklären was BDS ist.[10] Die Abendzeitung schrieb schon im Vorfeld dazu: "Es ist einer von vielen Vorträgen, die in den Räumen des Gasteigs stattfinden. Nur wenige dürfen als antisemitisch bezeichnet werden. ‚Palästina/Israel – Herbst 2015‘ am Samstag ist es jedoch mit Sicherheit." Charlotte Knobloch wird in dieser Zeitung so zitiert:  Antisemitisch sei die Parole "Kauft nicht bei Juden", die modernisierte Form des Nazi-Jargon "Kauft nicht vom jüdischen Staat". Und seit dem kursiert ja dieser Satz. Damit verharmlost sie den Holocaust. Die Juden damals wurden deshalb boykottiert, weil sie Juden waren, hingegen könnte Israel die Besatzung beenden.

Oberbürgermeiste Reiter versicherte Frau Knobloch, dass in Zukunft solche Veranstaltungen nicht von der Stadt gefördert werden - wir haben noch nie eine Förderung bekommen. Am 13. Oktober 2016 wurde die Veranstaltung in der Evangelischen Stadtakademie mit dem israelischen Staatsbürger Muhammad Darawshe dem Direktor von Givat Haviva, eine der wenigen Einrichtungen in Israel, die sich dem friedlichen Zusammenleben von Juden und Arabern widmen unter Antisemitismusverdacht gestellt. Sogar Herr Steinmeier hat Givat Haviva besucht. Ist er vielleicht auch Antisemit?

Ende Mai sollte in der Evangelischen Akademie in Tutzing eine Tagung stattfinden zum Thema Nahostpolitik im Spannungsdreieck - israelische und palästinensische Friedensgruppen als Lernorte für die deutsche Politik? Diese Gruppen zählen zu den letzten, die noch miteinander kooperieren. Eine von ihnen wurde sogar für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen. Auf Druck der Jüdischen Gemeinde und des Israelischen Konsulats sagte die Landeskirche die Tagung ab, was zu heftigen Protesten führte. Zur Begründung hieß es, die Tagung sei nicht ausgewogen. Die Süddeutsche Zeitung berichtete dazu, dass eine der Organisatorinnen[11] die BDS-Kampagne unterstütze, ferner zitierte sie mich aus meinen Brief an Sigmar Gabriel damals, das Einknicken deutscher Institutionen schüre den Antisemitismus. Dieser Meinung bin ich immer noch.

Im Mai hatte die Jüdisch-Palästnensische-Dialog-Gruppe Gideon Levy, ein bekannter Journalist von der Haaretz,[12] zu einem Vortrag mit dem Titel "Fifty years to the occupation - how is it possible?  in das Kulturzentrum Gasteig eingeladen. Oberbürgermeister Reiter und der Geschäftsführer Schmidt wollten absagen. Der Geschäftsführer des Gasteigs und die Mitarbeiter des Zentrums baten den Referenten nicht über BDS zu sprechen - das war auch gar nicht sein Thema. Die SZ wählte den aufreißerischen Titel "Kritisch oder schon antisemitisch? Umstrittener Gast im Gasteig." Der Referent unterstütze BDS, was überhaupt nicht gestimmt hat.

Am 11. Juli 2017 haben CSU und SPD den Antrag eingebracht städtische Räume nicht länger Gegnern der israelischen Regierungspolitik zur Verfügung zu stellen. Die Jüdisch-Palästinensische-Dialog-Gruppe wurde als einzige erwähnt. In dem gemeinsamen Antrag der beiden Parteien heißt es, München stelle sich gegen die antisemitische BDS-Kampagne. Die Landeshauptstadt werde außerdem nicht mit Gruppierungen, welche die Ziele von BDS verfolgen, in Form von Zuschüssen oder Raumvergaben kooperieren. München will also kritische Veranstaltungen zur israelischen Politik unterbinden. Ich wäre gespannt, ob dieses Verbot auch ausgesprochen würde, wenn Frau Knobloch zu diesem Thema eingeladen würde.

Im Oktober hielt ich den Vortrag "Jerusalem, das Herzstück des israelisch-palästinensischen Konflikts." Er kam nur nach einer einstweiligen Verfügung zustande. Auf Betreiben von Mariam Offman, Mitglied der Israelitischen Kultusgemeinde und der CSU - heute ist er bei der SPD - ist es mir seit diesem Vortrag verboten in München über Jerusalem zu referieren und mich an einer Veranstaltung zur Politik Israels aktiv zu beteiligen. Am 13. Dezember[13] wurde der Antrag im Münchner Stadtrat verabschiedet.

Ende Januar 2018 hat die Humanistische Union meinen Mann und mir den Preis "Der aufrechte Gang" für unser Engagement sowohl in der Intitiative "Stolpersteine für München" als auch für unseren Beitrag zur friedlichen Regelung des Nahostkonflikts auf der Grundlage der Koexistenz beider Völker vergeben. Die zahlreichen Bemühungen der Humanistischen Union die Preisverleihung in einem städtischen Raum wie im Kulturzentrum Gasteig stattfinden zu lassen, scheiterten. Zur Begründung gab die Leitung des Gasteigs an: "Ihre Preisträgerin Frau Bernstein steht zumindest in der Funktion als Verantwortliche - das bin ich nicht, ich bin die jüdische Sprecherin - der  Jüdisch-Palästinensische-Dialog-Gruppe auf der Unterstützerliste der BDS-Kampagne.

Die Dialoggruppe unterstützt diese gewaltlose palästinensische Initiative, weil sie die Kampagne für eine der wenigen wirkungsvollen Initiativen hält, nachdem die deutsche und die internationale Politik bei der Lösung des Nahostkonflikts völlig versagt haben. (Beifall). Das Kulturzentrum bezog sich bei seiner Absage auf den Beschluss des Stadtrates. Deswegen fand die Preisverleihung in fast letzter Minute in einem Kino statt. Eine Gruppe, die sich hochtrabend "Münchner Bürger gegen Antisemitismus und Israelhass" nennt, hatte sich durch den Beschluss des Stadtrates ermutigt gefühlt, den Besitzer des Filmtheaters aufzufordern, die Vermietung an die Humanistische Union rückgängig zu machen. "Organisieren sie Veranstaltungen mit der BDS, können sie ebenso die NPD unterstützen." An der Preisverleihung nahmen dann fast 350 Menschen teil. Eine politische Ohrfeige für die Antragsteller. Doch unsere Zeitungen blieben stumm.

Ende März 2013 haben wir den Film Broken von Mohammed Alatar aus Ramallah im Eine-Welt-Haus[14] gezeigt. Der Film beleuchtet die Hintergründe, warum der Internationale Gerichtshof (IGH) den Bau der Mauer auf palästinensischem Boden der Westbank für völkerrechtlich illegal hielt und beleuchtet die persönlichen Entscheidungsprozesse der Richter in Den Haag.[15] Auch diesmal wollte das Kulturreferat der Stadt auf Anweisung des Oberbürgermeisters die Vorführung untersagen, obwohl der Film mit BDS nichts zu tun hatte. Die Begründung für das Verbot lautete: Bei einer Gesamtschau der Veranstaltung ist davon auszugehen, dass bei lebensnaher Betrachtung die Diskussionsveranstaltung nicht ohne eine Befassung mit den Zielen und Themen der BDS-Kampagne auskommt, da insbesondere ein zentrales Ziel der BDS-Kampagne der Abriss der Mauer ist.[16] So etwas nenne ich vorauseilenden Gehorsam. Alatar wird in der nächsten Zeit in Deutschland sein um den Film zu zeigen.

Unser letzter Fall fand vor Kurzem statt. Trotz der Beiträge im SPIEGEL zur Lobbyarbeit Israels in Deutschland [17] beziehen sich sämtlich Politiker, Institutionen und Kirchengemeinden auf die Anti-BDS-Bundestagserklärung vom 17. Mai 2019,  obwohl die Bundesregierung den Beschluss nicht in ein Gesetz umsetzt. Dies wurde uns vom Bundeskanzleramt, Auswärtigem Amt und von Nils Schmid, außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion bestätigt. Deshalb haben wir einen der Journalisten, der an dieser Recherche beteiligt war, nach München eingeladen um über die Rolle israelischer Lobbyorganisationen in der deutschen Politik zu referieren. Auf Druck von Frau Knobloch hat uns der Caritas-Verband den Raum fristlos gekündigt und sogar ein Hausverbot erteilt. Auch hier musste eine einstweilige Verfügung her. Zu diesen Ereignissen wurden Leserbrief an die SZ versandt, die allerdings nie gedruckt wurden. Muss dazu sagen, heute gibt es zum ersten Mal in der Süddeutschen Zeitung kritische Leserbriefe. Zu ersten Mal. Deshalb schrieb ich an dem Chefredakteur, "mir ist bekannt, dass viele Leserbrief bei Ihnen eingegangen sind, bis heute sind sie nicht veröffentlicht worden. Ich halte dies für sehr bedenklich, wenn Leser und Betroffene nicht die Möglichkeit haben, voreingenommene Journalisten zu widersprechen, dann wird die Presse- und Meinungsfreiheit untergraben und die Öffentlichkeit manipuliert."

BDS soll also wegen ihres Boykottaufrufes bekämpft werden, in dem man mit Boykott droht. Durch den Kampf gegen die BDS-Kampagne soll jede kritische Auseinandersetzung mit der Politik Israels unterbunden werden. BDS kommt den Politikern sehr gelegen. Gäbe es diese Bewegung nicht, hätte man sie erfinden müssen. Sie dient als Ablenkungsmanöver (Beifall).

BDS hat den Diskurs in Deutschland verändert. BDS spricht nicht nur von Besatzung sondern von Apartheid. Damit wird ein anderes Bild von Israel gezeichnet, in dem die nicht-jüdischen Bürger einem anderen Rechtssystem unterliegen. Die Unterstützer Israels weigern sich ein reales Bild von Israel zu zeigen. Die Enteignung von palästinensischem Land für jüdische Siedlungen, die Inhaftierung von Palästinensern ohne Gerichtsverfahren oder Anklage, die kollektive Bestrafung von 2 Millionen Menschen im Gaza-Streifen unter Belagerung und die Ungleichheit zwischen jüdischen und arabischen Bürgern Israels. Darüber soll man in Deutschland nicht sprechen dürfen. Wenn BDS mit Antisemitismus gleichgesetzt wird, dann sind wohl Forderungen für die Rechte der Palästinenser antisemitisch. Solange in Deutschland nur über den vermeintlichen oder den tatsächlichen Antisemitismus diskutiert wird, nicht aber über die Annexion Jerusalems, der Westbank und des Jordantals, sowie die katastrophalen Verhältnisse im Gazastreifen, bleibt uns der Gang zum Gericht nicht erspart.

Wie einige vielleicht wissen hat mein Mann die Vorsitzende der DIG Stuttgart verklagt, nachdem sie behauptet hatte, er würde BDS unterstützen und somit sei er Antisemit. Er hat den Prozess gewonnen. Es ist ja immer das gleiche Schema. Man beschuldigt jemand BDS zu unterstützen oder sich nur mit BDS zu befassen, dann ist er Antisemit und man muss ihn mundtot  machen.

In einem zweiten Prozess haben wir Arye Sharuz Shalicar verklagt. „Direktor für Auswärtige Angelegenheiten im Ministerium für Nachrichtendienste im Büro des israelischen Ministerpräsidenten" vorstellt. Er arbeitet für den israelischen Außenminister. Shalicar wird immer wieder von der DIG zu Lesereisen eingeladen, die vom Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung Felix Klein gefördert werden. In diesen Tagen ist er in Berlin, Erfurth und Halle. Bischof Abromeit, hat er in einer unverschämten Art beleidigt. In seinem Buch, der neue deutsche Antisemit hat er mich als Alibi-Jüdin und meinen Mann als jemanden beschimpft "der tote Juden liebt und sie mit Stolpersteinen ehrt - dazu muss man wissen, in München gibts keine Stolpersteine , nur auf privaten Grund, weil Frau Knobloch dagegen ist - aber mit lebendigen Juden ein Problem hat, weshalb er eine Organisation unterstützt, die zum Boykott lebendiger Juden und jenen, die mit ihnen in Frieden leben, aufruft. Bernstein will wie die Münchner Elite sein und tut alles um wie sie gekleidet zu sein, zu sprechen und sich zu benehmen."  Hermann Göring lässt grüßen.

 

Weder ist mein Mann Jude noch unterstützt er BDS. Andere Gruppen, wie zum Beispiel das Aktionsforum Israel übernehmen diese Verleumdungen. Auf ihrer Facebook-Seite schrieben sie vor Kurzem: Das Paar Bernstein propagiert in Vorträgen Terror gegen Juden. Wenn sich Vertreter der israelischen Regierung derart unverschämt über Deutsche äußern die seit Jahrzehnten an einer konstruktiven Lösung in Nahost arbeiten, dann muss man sich hierzulande fragen, weshalb sie seitens der deutschen Regierung hofiert und unterstützt werden. In der Auseinandersetzung mit dem Iran besitzt Shalicar die Frechheit Franz Walter Steinmeier, Angela Merkel und Heiko Maas anzugreifen.

In meinem Schreiben an die Antisemitismusbeauftragte in Nordrheinwestfalen Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, die wir persönlich kennen, habe ich sie gefragt, was für ein öffentlicher Aufschrei wäre hier zu erwarten, wenn eine Vorlage, wie jene des israelischen Nationalstaatsgesetz für das jüdische Volk vom Juli 2018 eingebracht würde, wonach Deutschland nur den deutschen Christen gehöre. Wie würde die deutsche Reaktion ausfallen, wenn sich in Berlin und in den Bundesländern Minister und Abgeordnete weigern würden mit Juden zusammen zu arbeiten? Wir müssen unseren Politikern klar machen, dass sie mit ihrer Politik bei der Bevölkerung ihre Glaubwürdigkeit verlieren.

Es ist kein Wunder, dass sich Premierminister Netanyahu an 17. Mai 2019 beim Bundestag bedankt hat. Dieser Beschluss, sowie die bisherige Politik vor allem der Bundesregierung haben dazu geführt, dass Israel das Gefühl der Narrenfreiheit hat. Es muss unseren Politikern klar sein, dass sie mit ihrer falsch verstandenen Solidarität zu Komplizen eines ungerechten Regimes geworden sind. Wollen sie das wirklich? Glauben sie, dass sie das historische Unrecht an den Juden mit einem neuen Unrecht an den Palästinensern wieder gut machen können? Ich glaube, dass es bei diesem Konflikt allmählich um den Abbau unserer eigenen Demokratie geht. Der Kampf gegen uns ist ein Teil des Rechtsrucks hierzulande. Heute sind es Themen wie die Geflüchteten in Iran und oder Palästina. Morgen können das die Obdachlosen und Behinderten sein und übermorgen sind wir dran. Ich möchte aber betonen, dass weder die Dialoggruppe noch mein Mann und ich uns als Opfer sehen. Opfer sind die Palästinenser und die linken Israelis die dort leben. Wir kämpfen für Gerechtigkeit und werden uns auch in Zukunft für die Rechte der Palästinenser und eine friedliche Lösung einsetzen.

vielen Dank

 

Matthias Jochheim

Danke für den engagierten Beitrag der aus dem lebendigen Engagement heraus kommt (????). Unsere Veranstaltung hat ja auch den Sinn sich nicht nur mit spezifischen Problemen zu beschäftigen, sondern mit dem Symptomatischen daran. Das Symptomatische, würde ich sagen, ist z.B. in der Presse eine objektive und umfassende Darstellung der Probleme zu erreichen. Das ist eine riesen Arbeit, eine große Mühe. In München, die Süddeutsche Zeitung, die man eigentlich immer als ein liberales Blatt geschätzt hat, ist da offenbar schon ziemlich hartleibig geworden tatsächlich ein umfassendes Bild zu schildern (unverständlich - Frage an Judith Bernstein).

Judith Bernstein:

 

Im Politischen Teil - ich hab selber Frau Föderl-Schmid [18] kennen gelernt - die schreibt alles, es wird irgendwie nicht wahrgenommen.[19]

Matthias Jochheim

 

Als nächstes möchten wir jetzt nach der Sichtweise einer engagierten jüdischen Friedensengagierten würden wir jetzt gerne Khalid Hamad hören, von der palästinensischen Seite, der in der KOPI (Deutscher Koordinierungskreis Palästina Israel) mitarbeitet, die übergreifenden Anspruch hat, sich mit der Problematik in Nahost zu beschäftigen. Er ist außerdem der Vorsitzende der palästinensischen Gemeinde in Deutschland. Er hat zentrale Funktionen in verschiedenen zivilgesellschaftlichen, palästinensischen Organisationen in Deutschland.

 

Referat Dr. Khalid Hamad

 

Schönen Abend erst Mal. Ich versuche jetzt natürlich nach dem ????, versuche ich so kurz wie es geht darüber zu sprechen. Erst Mal möchte ich mich bedanken bei der IPPNW [20] für die Veranstaltung und für die ???digkeit, dass die Veranstaltung stattfindet in diesem Rahmen und so wie vorgeplant. (Beifall). Vielen Dank. Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde. In den letzten Jahren ist die Initiative der pro-israelischen Lobby stärker geworden. Durch ihren Druck und manchmal Repressalien wurde versucht mehr als 200 Veranstaltungen zu verhindern, angeblich viel mehr.

Ich stelle die Frage, ist das ein deutsches Phänomen? Ich antworte ohne zu zögern nein! In mehreren europäischen Ländern wird das Gleiche versucht. Beispiel: Im Dezember 2017 hatten wir die vierte Konferenz der europäischen Allianz für die Solidarität mit den palästinensischen Gefangenen in Den Haag organisiert. Die Reservierung im Hotel wurde drei Tage vor der Konferenz storniert, weil man keine Probleme haben wollte. So wurde uns gesagt. Ein Mitarbeiter erzählte, dass jemand alle finanziellen Verluste an dem Hotel bezahlt hat. Wir sahen, dort wurde viermal zurückgezogen. Die vier Personen, die zu dieser Konferenz eingeladen haben, wurden antisemitisch und als Sympatisanten der Terroristen bezeichnet. Es waren Felicia Langer, Prof. Norman Peach, Annette Groth und ich. Es fehlte nicht an Zeitungen, Radio oder sogar Fernsehen in Holland, die sowas verbreitet haben oder zum Glück, zum kleineren Teil, uns verteidigten.

Ich denke die Initiative der pro-israelischen Lobby in Europa ist kein Zufall. Jetzt, 70 Jahre nach der Gründung Israels, ist ganz Palästina unter israelischer Kontrolle. Auch Gaza kann praktisch ohne Israel nichts unternehmen. Sieben Millionen Flüchtlinge verteilt in Libanon, Jordanien, Syrien und Zypern?. 6,5 Millionen leben immer noch in Palästina. Die Situation ist, Jerusalem und Golanhöhen wurden annektiert. Rufe nach der Annexion weiterer Gebiete werden immer häufiger. Das ist die Situation, die jeder kennt.

Welche Lösungsmöglichkeiten gibt es überhaupt. Lösungsmöglichkeiten des Palästinaproblems als Alternative für die jetzige Lage des Status quo, Israels Lieblingslage sind drei Möglichkeiten.

Zweistaatenlösung. Die PLO hat das Programm angenommen. Das Programm sieht vor das Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser in einem palästinensischen Staat neben Israel auf den von Israel 1967 besetzten Gebieten, einschließlich Ostjerusalem als Hauptstadt, Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge in ihre Häuser, wie der UNO-Beschluss 194 von 1948 vorsah. Diese Zweistaatenlösung hat weiterhin internationale Unterstützung, auch wenn nur wörtlich.

Einstaatenlösung auf ganz Palästina. Alle Bürger haben die gleichen Rechte und Pflichten. Diese Lösung wird aus demografischen und ideologischen Gründen von Israel nie akzeptiert. Die Gesetzeslage muss total geändert werden, um die Gleichberechtigung zu ermöglichen. Für die Palästinenser wäre es wichtig, die Siedlungen auf der Westbank und in Jerusalem aufzulösen. Ein Verzicht auf das Rückkehrrecht der Palästinenser käme auch nicht in Frage.

Eine Staatslösung als jüdischer Staat, diese Lösung wird von der jetzigen Netanyahu-Regierung vorangetrieben. Die jüdische Bevölkerung genießt alle Rechte, die Palästinenser werden als Gäste im eigenen Land behandelt. Diese Lösung wird massiv von der Trump-Regierung unterstützt. Deswegen hatte Trump die Botschaft nach Jerusalem verlegt. Die Siedlungen sollten als legal bezeichnet und das Rückkehrrecht der Flüchtlinge aberkannt werden.

Auch der Beschluss vom Deutschen Bundestag vom 17.5.2019 geht leider in diese Richtung. Bis ca. 2000 war Ziel der israelischen Regierung die abgespeckte Form der Zweistaatenlösung. Die amerikanische Politik war auch in dieser Richtung, Road Map usw. [21] Für diese Lösung brauchten sie einen palästinensischen Partner mit allen Konsequenzen - gute und schlechte. Ich meine, dass die israelische Regierung sich von der Zweistaatenlösung schon lange ganz verabschiedet hat und das Ziel einer jüdischen Einstaatenlösung verfolgt. Das Nationalgesetz wurde ja verabschiedet. Für diese Lösung braucht die israelische Regierung keinen palästinensischen politischen Partner. Das erklärt die aggressiven Maßnahmen der Besatzungsarmee. 7000 Gefangene, Zerstörung der Häuser, Entwurzelung der Bäume usw. Außerdem werden die Menschenrechtsorganisationen in Israel und deren Mitarbeiter gezielt angegriffen, wie ??? und Amnesty International. Auf internationaler Ebene kommen die Aktionen, die wir in Deutschland und Europa kennen, als logische Folge. Der Druck auf Medien und Politik, der Organisierung der proisraelischen Lobby und Unterstützung mit Geld und Infrastruktur wurde ja von Journalisten beschrieben.  Es wird versucht jede Kritik an der israelischen Politik zu verbieten. Zum Schluss denke ich, dass wir eine Chance haben dagegen zu wirken, denn das deutsche Gesetz ist auf unserer Seite. Meinungsfreiheit gilt für alle. Das haben wir heute auch gesehen. Also es ist nicht alles negativ. Wir sollten uns nicht in den Hinterhöfen verstecken. Wir können auf der Straße Kundgebungen durch führen , das Gesetz verbietet uns das nicht. Ich schließe mit der Hoffnung auf eine friedliche Lösung des Palästinaproblems und hoffe auch auf friedlichen Zusammenleben der Menschen in Palästina, gleichberechtigt, egal welche Religion oder Nationalität sie haben. Vielen Dank.

 

 


[1] NGO = Non-Goverment-Organisation = Nichtregierunsorganisation

[2] Im April 2017 wurde das „Lex CEU“ genannte Gesetz verabschiedet, das die Existenz der Universität in Budapest gefährdet

[3] Transparence International bekämpft Korruption weltweit

[4] Die Genannten Politiker äußerten sich i.S. einer Befürwortung der Aberkennung der Gemeinnützigkeit der DUH

[5] Micha Brumlik war im Sozialistischen Büro, eine Organisation der neuen, nach 1968 entstandenen Linken.

[6] Jüdisch-Palästinensische-Dialog-Gruppe, deren jüdische Sprecherin Judith Bernstein ist.

[7] Dr. Reiner Bernstein ist Publizist und Vertreter der Genfer Initiative in Deutschland (https://de.wikipedia.org/wiki/Genfer_Initiative)

[8] Deutsch Israelische Gesellschaft

[9] Janus-Korczak-Akademie (EJKA) ist eine jüdische Bildungseinrichtung

[10]  Christoph Glanz ist BDS-Aktivist in Oldenburg

[11] Frau Bernstein gehörte zu den Organisatorinnen und war von der SZ vermutlich gemeint

[12] Eine liberale israelische Zeitung

[13] 2017

[14] Ein Kulturzentrum in München

[15] https://www.ezef.de/veranstaltungen/broken-mit-regisseur-mohammed-alatar/3710

[16] Die Mauer wird auch von der Deutsche Bundesregierung (https://de.wikipedia.org/wiki/Israelische_Sperranlagen_(Westjordanland)), der EU-Kommission und der UNO (durch den IGH)  ablehnt bzw. es wird ihre Beseitigung gefordert (http://www.spiegel.de/politik/ausland/uno-gerichtsurteil-israel-soll-die-mauer-wieder-einreissen-a-307938.html).    

[17] Es geht um den Artikel: "Gezielte Kampagne" - Lobbyismus. Ein deutschjüdischer und ein proisraelischer Verein haben im Bundestag ein enges Netz gespannt - mit fragwürdigen Methoden. Es geht um eine andere Nahostpolitik; DER SPIEGEL, Nr. 29, 13.7.2019

[18] Korrespondentin der Süddeutschen Zeitung in Israel

[19] Es geht darum, dass die Lokalredakteure, die über Veranstaltungen in München berichten, nicht wahrnehmen, was die Nahostkorrepondenten der SZ schreiben.

[20] International Physicians for the Prevention of Nuclear War =  Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges

[21] Friedensplan Road Map (Fahrplan) wurde 2002 vom sogenannten Nahost-Quartett (UNO, USA, EU und Russland) ausgearbeitet.