Brief von Sabine Matthes an "Reporter ohne Grenzen"

Sehr geehrter Herr Christian Mihr,

Danke für Ihr interessantes Interview, das Sie als Journalist, Menschenrechtsaktivist, Experte für internationale Medienpolitik und Geschäftsführer von "Reporter ohne Grenzen" in der heutigen SZ gaben. Der "Terrorismus"-Vorwurf ist die Standardkeule gegen Journalisten die Menschenrechtsverletzungen der Türkei thematisieren, was Sie zu Recht kritisieren - die Standardkeule gegen Journalisten die Israels Menschenrechtsverletzungen thematisieren lautet "Antisemitismus", was nicht kritisiert wird. Wer die palästinensische Menschenrechtsorganisation BDS unterstützt oder allein nur darüber DISKUTIEREN möchte oder in vagen Zusammenhang damit gebracht werden KÖNNTE, wird in Deutschland zunehmend als "Antisemit" gebrandmarkt, kriminalisiert und delegitimiert - besonders brutal und absurd ist es, wenn israelische/jüdische Referenten (so geschehen ua mit Abraham Melzer, Judith Bernstein, Nirit Sommerfeld) mit diesem Vorwurf zum Schweigen gebracht werden sollen. In München bekamen diese Israel-kritischen Referenten Redeverbot in städtischen Räumen, sogar ein Kino zog kürzlich die Aufführung eines Films zurück. Veranstalter werden massiv unter Druck gesetzt, damit keine freie Meinungsäußerung zu israelischen Menschenrechtsverletzungen in öffentlichen Räumen mehr möglich ist - ein Münchner Stadtratsbeschluss hat dies letzten Dezember zementiert: somit werden alle unliebsamen Israel-Kritiker einfach in die Nähe von BDS gerückt, zu "Antisemiten" erklärt und mundtot gemacht. Es wird prominenten Menschenrechtsaktivisten und BDS-Unterstützern wie Desmond Tutu, Angela Davis, Alice Walker, Stéphane Hessel, Stephen Hawking, Ken Loach, mehr als 1200 Künstlern, sieben Millionen britischen Studenten und Millionen anderen jüdischen wie nicht-jüdischen BDS-Unterstützern weltweit "Antisemitismus" unterstellt und in Münchens städtischen Räumen Redeverbot erteilt!? Und das, obwohl die BDS-Bewegung sich selbst dezidiert GEGEN Antisemitismus ausspricht!? Wie man klar auf obiger website sehen kann. Meines Erachtens widerspricht dies der in Deutschland garantierten Meinungs- und Pressefreiheit. Deutschland macht sich unglaubwürdig, wenn es die Türkei für etwas rügt, was es selbst praktiziert.

Ich bitte um eine Stellungnahme. Wie unterstützen Sie ÖFFENTLICH die Meinungs- und Pressefreiheit der BDS-Menschenrechtsaktivisten in Deutschland?

Mit freundlichen Grüßen und Dank für Ihr Engagement für Meinungs- und Pressefreiheit,

Sabine Matthes

München