Unser Solidaritätsstatment mit "Palästina Solidarität Duisburg", die am 16. Mai 2024 vom Ministerium für Inneres NRW verboten wurde

„Ihr seid das Volk, das die Freiheit und die Menschenrechte schützen muss. Ihr müsst den Mut haben, gegen diese Verbrecher aufzubegehren. Ihr dürft nicht schweigen!“
Weiße Rose, Flugblatt Nr. 6

Jüdisch-Palästinensische Dialoggruppe München um Verbot von Palästina Solidarität Duisburg
7.11.2024

Sich auf Artikel 9 des Grundgesetzes zu berufen, um das Recht auf freie Meinungsäußerung und Meinungsbildung zu unterdrücken, und damit Artikel 5 des Grundgesetzes mit Füßen zu treten, ist ein Hohn. 
Das Vorgehen gegen die Gruppe Palästina Solidarität Duisburg reiht sich ein in eine Serie von Repressionen gegen all jene, die die Politik der israelischen Regierung an den Pranger stellen. Hausdurchsuchungen und konstruierte Strafanzeigen dienen einzig dazu, diese Stimmen zum Schweigen zu bringen. Politische Ziele durch Einschüchterung (lat. „terrorem“) zu erreichen, ist im wahren Sinn des Wortes Terror.

Wir als Jüdisch-Palästinensische-Dialoggruppe-München (JPDGM) wie auch unsere Mitstreiter, bekam dies vielfach in den letzten Jahren zu spüren. Saalanmietungen für Vorträge renommierter Professoren kurz vor deren Auftritt seitens städtischer Organe zu kündigen, ist nur ein Beispiel für gescheiterte Repressionen durch die Stadt München. Bekanntlich versuchten diverse Politiker, getrieben von der pro-israelischen Lobby, Konzerte berühmter Künstler wie Roger Waters zu verbieten, weil diese „Equality for all“ religionsunabhängig fordern.

Auch wenn die Exekutive derzeit zunehmend von Politikern für ihre Agenda für Einschüchterungsversuche missbraucht wird, zeigt unsere Demokratie Standhaftigkeit. Die Judikative setzt diesen Politikern Grenzen, und Repressionsversuche sowie damit verbundene Anschuldigungen scheitern kläglich vor Gericht. Die Liste der gewonnenen Verfahren und ergangenen einstweiligen Verfügungen gegen Versuche, Pro-Palästina-Stimmen zum Schweigen zu bringen, ist lang. Weil Politiker glauben, sich zugunsten Israels über das Gesetz stellen zu können, verschwenden Innenminister, Stadträte und Staatsanwaltschaften Steuergelder für verfassungswidrige Versuche, das Recht auf freie Meinungsäußerung zu beschneiden.
Kritik an einer Regierung, deren Minister sich stolz selbst als Faschisten bezeichnen, muss nicht nur erlaubt, sondern aktiv unterstützt werden. Wo bleiben die Lehren aus unserer Geschichte? Ein „Nie wieder“ bedeutet, nicht zuzulassen, dass Volksgruppen oder Religionsgemeinschaften diffamiert und kriminalisiert werden. Doch genau das geschieht derzeit!

Das Verbot der Gruppierung Palästina Solidarität Duisburg hat nichts mit der Bekämpfung von Antisemitismus oder der Sicherung der Völkerverständigung zu tun, sondern dient offensichtlich ausschließlich der Durchsetzung einer pro-israelischen Agenda. Um diese Agenda zu untermauern, werden absurde Kriminalisierungen erfunden. Dieses Vorgehen, für das der angebliche Schutz jüdischen Lebens als Vorwand missbraucht wird, schürt eher Antisemitismus als dass es diesen bekämpft – „zugunsten der Juden werden Grundrechte missachtet“.

Lieber Innenminister Reul und Kollegen, verschwenden Sie keine weiteren Steuergelder und heben Sie das Verbot gegen die Gruppierung Palästina Solidarität Duisburg auf! Treten Sie nicht 79 Jahre intensive Vergangenheitsbewältigung und Erinnerungskultur – durch erneute Repressionen, Diffamierung mit der Absicht der Zensur – in die Tonne!

Mit neuem Unrecht machen Sie altes nicht ungeschehen! Das Unrecht, das den Juden in Europa über Jahrhunderte zugefügt wurde und in der Shoah gipfelte, wurde nicht von den Palästinensern begangen. Europäische Juden fanden stets Zuflucht im arabischen Raum. Palästinenser sind die Opfer des europäischen Antisemitismus, der bis heute weiterbesteht. Bekämpfen Sie den wahren Antisemitismus und schützen Sie auf diese Weise jüdisches Leben, anstatt die Solidarität mit den Palästinensern zu kriminalisieren und Kritiker zum Schweigen zu bringen, sobald sie Israels Kriegsverbrechen und den Massenmord an Unschuldigen in Palästina und im Libanon anprangern und der Öffentlichkeit Details und Wahrheiten zugänglich machen, die von unseren Medien verschwiegen werden. Meinungsfreiheit bedeutet nicht nur die Freiheit des Einzelnen, seine Meinung äußern zu dürfen, sondern auch das Recht der Gesellschaft, sich eine Meinung freiheitlich bilden zu können. Das dafür nötige Informationsspektrum zu garantieren, ist die Aufgabe der Politik, und nicht, politisch motivierte Vorgaben zu machen. Im Grundgesetz ist festgelegt, dass Meinungsbildung von unten nach oben stattzufinden hat – daher verbietet sich eine Einmischung der Politik in das Informationsspektrum. Genau das ist jedoch der Fall, wenn man Gruppen wie die Palästina Solidarität Duisburg verbietet!

Solidarische Grüße aus München!

Jüdisch-Palästinensische Dialoggruppe München
Abood Khalife

Weitere Solidaritätsstatements finden Sie unter:
Solidaritätserklärungen und -aktionen — Komitee gegen das Verbot von Palästina Solidarität Duisburg

 

"An die Juden in Deutschland" - Ein Text von Judith Bernstein und Shelly Steinberg

An die Juden in Deutschland von Judith Bernstein & Shelly Steinberg

In den 1960er Jahren war Deutschland sehr bemüht, wieder jüdisches Leben ins Land zu holen und hat Stipendien an junge Israelis vergeben. Diese israelischen Studenten sahen sich jedoch einem Dilemma gegenübergestellt: Einerseits waren diese Stipendien eine Chance auf eine gute Ausbildung, andererseits jedoch galt es in Israel als Schande, als Jude in das Land der Täter zu gehen.  Für die Mehrheit der Israelis waren die deutschen Juden, die nach dem Holocaust in Deutschland geblieben waren bzw. nach Deutschland zurückkehrten, Abschaum.


Ihr Ansehen bei den Israelis versuchten die deutschen Juden aufzuwerten, indem sie sich Israel anbiederten und sich zu Sprechern Israels in Deutschland machten. Dabei nutzen die Juden das schlechte Gewissen der Deutschen aus. Die Schuld der Deutschen wurde von deutschen jüdischen Einrichtungen instrumentalisiert und für die Interessen Israels missbraucht. Statt sich für ihre eigenen Belange einzusetzen, haben sie sich zu einer Israellobby formiert. Den Deutschen kam das sehr gelegen, da sie meinten, damit ihre Vergangenheit abarbeiten zu können und auf der „richtigen bzw. sicheren“ Seite zu stehen.

Statt die eigenen Belange und Interessen zu vertreten, wie es die muslimischen Gemeinden und sämtliche christlichen Gemeinden getan haben und tun, setzen sich die Juden in Deutschland für den Staat Israel ein. Die Deutschen waren und sind natürlich sehr dankbar, dass die Juden ihnen ihre Vergangenheit „verziehen“ haben.

Diese Politik herrscht bis heute vor, doch machen sich die Deutschen in der ganzen Welt lächerlich mit ihrer einseitigen Unterstützung Israels, für die sie auch noch den Holocaust als Ausrede anführen. So wird der Holocaust sowohl von deutschen Juden als auch von der deutschen Politik missbraucht und instrumentalisiert.

Das aktuellste Beispiel ist die „Resolution zum Schutz jüdischen Lebens“ – mit dieser Resolution wird der Antisemitismus jedoch nur gefördert. In der deutschen Bevölkerung herrscht absolutes Unverständnis hinsichtlich der enormen Einflussnahme jüdischer Einrichtungen auf die deutsche Politik, da beispielsweise der Zentralrat der Juden kein von den Bürgern gewähltes politisches Organ ist. Es entsteht der Eindruck, dass die Juden als „Fadenzieher“ hinter den deutschen Politikern stehen würden. Nur zu gerne lassen sich die Politiker hierzulande zu Marionetten der pro-Israellobby machen, da sie somit eigene Verantwortung abgeben können.

Die uneingeschränkte Solidarität mit Israel, die Deutschland nicht zu müde ist, permanent zu wiederholen, übersteigt die Verpflichtung deutscher Politiker, sich für die Interessen des deutschen Volkes stark zu machen. Deutschland hat für Israel den Boden internationalen Rechts verlassen und sich auf die Seite Israels gestellt, das des Völkersmordes an den Palästinensern vor dem IGH angeklagt ist. Die Konsequenzen aus einer sehr wahrscheinlichen Verurteilung Israels wegen Genozids wird auch ganz Deutschland zu spüren bekommen, denn nicht nur derjenige, der Genozid begeht, wird die Konsequenzen tragen müssen, sondern jeder, der sich am Genozid direkt oder indirekt beteiligt hat. Aus Angst, des Antisemitismus bezichtigt zu werden, beugen sich die deutschen Politiker dem Druck Israels und seinen Handlangern und Unterstützern in Deutschland.

Darüber hinaus baut Deutschland zugunsten der Israellobby - vertreten durch Zentralrat, DIG, Jüdische Gemeinden, Jüdische Allgemeine u.a. – seine demokratischen, rechtsstaatlichen Strukturen und Prinzipien ab.

Dieses Jahr wird der 75. Jahrestag der Verfassung der BRD gefeiert – noch nie in der Geschichte Nachkriegsdeutschlands wurden diese Grundrechte so von Politikern missachtet und beschnitten wie heute. Doch wurden die Grundrechte so verfasst wie sie stehen, um genau ein solches Vorgehen seitens der Politik gegen den Bürger zu verhindern. Um den Bürger von verfassungswidrigen Übergriffen seitens der politischen Ebene zu schützen – dieses Prinzip zum Schutz der Bürger scheint den hiesigen Politikern jedoch nicht bekannt oder relevant zu sein.

Das Recht auf Meinungsfreiheit ist zu einer leeren Worthülse verkommen. In der Verfassung wird explizit darauf hingewiesen, dass Meinungsbildung von unten nach oben stattzufinden hat und sich eine Einmischung von oben verbiete. Die „Resolution zum Schutz jüdischen Lebens“ stellt jedoch das genaue Gegenteil dar. Nicht nur das Recht des Einzelnen, israelkritische Meinungen zu äußern, wird in der BRD missachtet, sondern das Recht der gesamten deutschen Gesellschaft, sich freiheitlich eine Meinung bilden zu können, indem die politische Ebene das Informationsspektrum zu bestimmten Themen vorgibt. Der politischen Norm abweichende Haltungen werden sanktioniert und aus dem öffentlichen Diskurs verbannt – mit verfassungswidrigen Methoden.
Der vermeintliche Kampf gegen Antisemitismus wird wie der heilige Gral vor sich hergetragen; die Politiker glauben, eine hehre Mission zu erfüllen – doch das Gegenteil ist der Fall. Denn auch der wirkliche Kampf gegen Antisemitismus hat basierend auf Rechtsstaatlichkeit und demokratischen Werten stattzufinden.

Das Wort „Toleranz“ stammt aus dem Lateinischen und bedeutet „erdulden, ertragen“. Ja, in einer Demokratie müssen auch einem selbst unliebsame Haltungen „erduldet, ertragen“ werden. Man muss nicht mit Haltungen übereinstimmen, um ihre Daseinsberechtigung zu respektieren und zu akzeptieren. Man muss sich lediglich an geltendes Recht halten. V.a. haben Politiker die Verfassung, auf die sie geschworen haben, zu achten. Aber auch die in Deutschland lebenden Juden müssen die gesetzliche Ordnung des Landes akzeptieren und v.a. respektieren.

Zur Erinnerung an die jüdischen Gemeinden in Deutschland: bereits im Talmud steht geschrieben “דִּינָא דְּמַלְכוּתָא דִּינָא“ – „Das Gesetz des Landes (Anm.: in dem man lebt) ist Gesetz“!



"War die Gründung Israels als jüdischer Staat in Palästina ein Fehler?" Ein Beitrag von Judith Bernstein

erschienen auf www.diefreiheitsliebe.de:
War die Gründung Israels als jüdischer Staat in Palästina ein Fehler? - Die Freiheitsliebe

Meine Eltern mussten 1935 aus Deutschland fliehen und gingen nach Palästina. Sie waren weder Zionisten noch religiös. Weder kannten sie die dortige Sprache noch die Landschaft, aber sie waren dankbar, dass sie in Palästina Zuflucht fanden – denn kein anderes Land wollte ihnen Asyl gewähren. Dass die Palästinenser auf eigenes Land verzichten mussten und ihnen dadurch bereits ein großes Unrecht geschah, war meinen Eltern bewusst. Deshalb unterstützten sie die Arbeit des Friedensbündnisses „Brit Shalom“.

„Brit Shalom“ wurde 1925 von einer Gruppe europäischer Intellektueller gegründet, die sich für ein gerechtes Zusammenleben von Juden und Arabern einsetzten, unter ihnen Gershom Scholem und Martin Buber.

1929 veröffentlichte „Brit Shalom“ ein Manifest, in dem sie für ein "binationales Palästina“ plädierten. Beide Völker sollten in völliger Gleichberechtigung leben, beide als gleich starke Faktoren das Schicksal des Landes bestimmen, ohne Rücksicht darauf, welches der beiden Völker an Zahl überragt. „Ebenso wie die wohlerworbenen Rechte der Araber nicht um Haaresbreite verkürzt werden dürfen, ebenso muss das Recht der Juden anerkannt werden, sich in ihrem alten Heimatlande ungestört nach ihrer nationalen Eigenart zu entwickeln und eine möglichst große Zahl ihrer Brüder an dieser Entwicklung teilhaben zu lassen.“
Ein weiterer prominenter Unterstützer dieser Idee war Albert Einstein. Er schrieb schon früh: «Wenn wir keinen Weg zu ehrlicher Zusammenarbeit und zu ehrlichen Verhandlungen mit den Arabern finden, dann haben wir nichts aus unserer zweitausendjährigen Leidensgeschichte gelernt, und wir verdienen das Schicksal, das uns ereilen wird.

Nach Auflösung des „Brit Shalom“ gründeten einige ehemalige Unterstützer 1942 die „Ichud“, eine binational orientierte zionistische Partei unter der Führung von Jehuda Leon Magnes. Auch wenn ihr Anliegen darin bestand, eine jüdische Heimat in Palästina zu schaffen, propagierten die Anhänger der Ichud Partei zugleich immer die Idee des gemeinsamen jüdisch-arabischen Staates. Einen jüdischen Nationalstaat lehnten sie ab und mahnten, dass die Gründung eines solchen zu Konflikten und Kriegen über Generationen hinweg führen würde.

Bedauerlicherweise fanden solche Stimmen jedoch weder in der Bevölkerung noch bei den anglo-amerikanischen Unterhändlern zur Vorbereitung des Teilungsplan ausreichend Gehör.

Die meisten damals in Palästina lebenden Juden stimmten für Ben-Gurion und sein eindeutig jüdisch-nationales Verständnis von Zionismus.  Ben-Gurion und seine Anhänger wollten einen ethnisch-jüdischen Staat aufbauen und schlossen die dort ansässige palästinensische Bevölkerung bewusst aus. Orte, aus denen Palästinenser spätestens mit Beginn der Nakba, der Vertreibung der Palästinenser, geflohen bzw. vertrieben worden waren, wurden zerstört. Damit gewann man Land, das für die Errichtung des jüdischen Staates nutzbar war. Die Palästinenser, die blieben, erhielten den Status „ Araber des Staates Israel“. Im Gegensatz zu den jüdischen Israelis erhielten sie keine Förderung zur Entwicklung ihrer Orte und durften keine Ländereien kaufen. Bis 1966 standen sie unter Militärverwaltung. Zwischen ihnen und den jüdischen Israelis gab es kaum Berührungspunkte.

Ich hatte das Glück, in Westjerusalem geboren worden zu sein, wo bis 1967 noch einige Palästinenser lebten. Dadurch und durch das Sportgeschäft meiner Eltern hatten wir enge Beziehungen zu Palästinensern. Viele waren Geschäftskunden und es gab viele private Begegnungen u.a. im Jerusalemer YMCA.

Dass der Staat nur Juden gehört, zementierte Netanjahu im Jahr 2018 mit dem „Jüdischen Nationalstaatsgesetz“.

Was mit Ben-Gurion 1948 mit der „Nakba“ begann, beendet Netanjahu jetzt mit Hilfe des Militärs in Gaza. Darüber hinaus führt er den Krieg seiner Unterstützer - den Siedlern - in der Westbank durch. Seine Behörden schikanieren Palästinenser in Ostjerusalem, im Negev und im Norden Israels. Was Netanjahu und seine Koalition beabsichtigen:  die Ausrottung des palästinensischen Volkes, um das ganze Gebiet zwischen Mittelmeer und Jordan sich einzuverleiben.

Damit sollte Israel meiner Meinung nach seinen Platz in der Weltgemeinschaft endgültig eingebüßt haben!

Mir ist bewusst, dass mehrere Staaten seinerzeit für die Gründung des Staates Israel gestimmt haben – u.a. aufgrund des Versagens der Weltgemeinschaft bei der Rettung der Juden vor Nazideutschland. Aber war ihnen und den Zionisten nicht bewusst, dass der Kampf für einen jüdischen Staat gleichzeitig die Vertreibung oder gar Ausrottung der palästinensischen Bevölkerung bedeuten würde?

Was wir heute in Gaza und der Westbank erleben, ist also die Kulmination dessen, was 1948 mit der Flucht und Vertreibung der Palästinenser aus Palästina und der Zerstörung ihrer Ortschaften begann - mit der Nakba. Dass es schon damals keinen Aufschrei der Welt gab, hat den Israelis das Gefühl vermittelt „Ihr dürft alles“! Indem die Palästinenser in Israel zu Freiwild erklärt wurden und Israel keine Grenzen gesetzt bekam, begann die Katastrophe, die heute ihren Höhepunkt findet.

Wieso wird immer nur vom Existenzrecht Israels gesprochen? Hat ein Staat überhaupt ein Existenzrecht oder nicht eher die Menschen, die dort leben? In diesem Fall wären das eigentlich Palästinenser, die jedoch gar keine Rechte haben! 

Die Mehrheit der Israelis interessierte sich schon damals nicht für das Schicksal der Palästinenser. Auch heute verschließen die meisten Israelis ihre Augen vor dem Genozid, der im Gazastreifen stattfindet. Sie interessieren sich nur für ihr eigenes Schicksal und sind nur mit ihren eigenen Ängsten beschäftigt. Die jetzige Regierung genießt noch viel zu große Zustimmung in der israelischen Bevölkerung – auch wenn diese nicht nur den Palästinensern, sondern auch der israelischen Bevölkerung selbst schadet. Selbst heute wird noch von der „einzigen Demokratie im Nahen Osten“ und von der „moralischsten Armee der Welt“ gesprochen - was für ein Hohn!

Mit den Ideen und Prinzipen eines Brit Shalom hätte die Gründung des jüdischen Staates möglicherweise zu einem binationalen Friedensprojekt werden können. Man hat sich jedoch für den Weg des jüdischen Nationalismus entschieden und damit auch das Schicksal des heutigen Israel besiegelt.

Ist es nach all dem nicht naheliegend, die Gründung Israels in seiner jetzigen Staatsform auf palästinensischem Gebiet infrage zu stellen?

Die "differenzierte" Haltung der Stadt München am Beispiel der Nakba-Ausstellung in München

Ein Kommentar von Shelly Steinberg

Vom 07.05. bis 07.06.2024 war die Ausstellung „Nakba – Flucht und Vertreibung der Palästinenser 1948“, die vom Verein „Flüchtlingskinder im Libanon e.V.“ konzipert wurde, in der Seidlvilla in München zu sehen. Veranstalter waren „Salam Shalom, Arbeitskreis Palästina-Israel e.V“, die „Jüdisch-Palästinensische Dialoggruppe München (JPDG)“ und „Frauen in Schwarz“. Ursprünglich sollte die Ausstellung 2023 gezeigt werden, dem Jahr, in dem sich die Staatsgründung Israels und die damit einhergegangene Nakba zum 75. Mal gejährt haben. Daher wandte sich die JPDG bereits im März 2023 an die Geschäftsführung der Seidlvilla, um entsprechende Räumlichkeiten anzumieten. Auf eine sofortige Zusage seitens der Seidlvilla folgte jedoch ein paar Tage später eine Absage, da man eine enorme Gegenwehr zu der Ausstellung befürchte.
Die Befürchtung ist nicht unberechtigt, wenn man betrachtet, mit welcher Vehemenz, Aggressivität und mit welch fehlendem demokratischen Rechtsverständnis Veranstaltungen und Organisatoren israelkritischer Events von Lobbygruppen wie etwa der IKG (Israelitische Kultusgemeinde München), München ist bunt e.V. und selbst der Stadtverwaltung angegangen wurden und werden. Da die Seidlvilla eine öffentliche Einrichtung der Landeshauptstadt München ((LHM)  ist, kann sie jedoch ihre Räumlichkeiten aufgrund solcher „Bedenken“ Bürgern nicht einfach vorenthalten wie das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig im Januar 2022 feststellte. Die Vorenthaltung  von öffentlichen Räumen, sowie Veranstaltungsverbote wie sie die LHM seit 2017 ausspricht und versucht umzusetzen, stellen laut dem Urteil von 2022 eine Missachtung des im Grundgesetz verankerten Rechts auf freie Meinungsäußerung dar. 
So musste sich die Seidlvilla der Frage stellen, ob sie bereit sei, zugunsten von pro-israelischen Lobbyisten geltendes deutsches Recht zu missachten. Zudem gaben wir Veranstalter unmissverständlich zu verstehen, dass wir gegen eine Absage der Räumlichkeiten rechtliche Schritte einleiten würden.
So kam es letztendlich zu einer Zusage seitens der Seidlvilla. Doch wer glaubt, dass somit eine Vorbereitung der Ausstellung problemlos beginnen konnte, irrt sich gewaltig und kennt die LHM nicht! Das Kulturreferat der Stadt München erteilte zwar eine schriftliche Genehmigung der Ausstellung, bedauerte es in seinem Schreiben vom 28.06.2023 an die Veranstalter aber sehr, sich an geltendes Recht halten zu müssen und behielt es sich vor, sich in einem öffentlichen Statement von der Nakba-Ausstellung zu distanzieren (https://stadt.muenchen.de/infos/nakba-ausstellung.html).

Die Erlaubnis des Kulturreferats beeindruckte die Geschäftsführung bzw. den Vorstand des Trägervereins der Seidlvilla jedoch nur mäßig, so dass mit allen möglichen Tricksereien sabotiert und torpediert wurde. Der 07. Oktober 2023 kam der Seidlvilla zudem sehr gelegen, um die Ausstellung voerst auf Eis zu legen. Dabei wäre es genau zu diesem Zeitpunkt wichtig gewesen, aufzuzeigen, welche seit 1948 andauernden Zustände zu dem Überfall vom 07. Oktober geführt haben.
Eine Durchführung der Ausstellung anlässlich des 75. Jahrestages der Nakba wurde so unmöglich gemacht und musste auf das Jahr 2024 verschoben werden.

Doch auch als Mai/Juni 2024 als Ausstellungszeitrum vereinbart wurde, wurde weiter getrickst. Es wurde ein Sicherheitskonzept von uns Veranstaltern verlangt, das Dank der besten Kontakte unseres juristischen Beraters bis in die höchsten Polizeispitzen Münchens umgehend geliefert werden konnte – hier muss erwähnt werden, dass die Münchner Polizei sehr wohlwollend war. Die Nakba-Ausstellung sei in der Vergangenheit bereits an unterschiedlichen öffentlichen Plätzen Münchens gezeigt worden, ohne dass es zu irgendwelchen polizeirelevanten Vorkommnissen gekommen sei, hieß es in einem Schreiben des Polizeipräsidenten Münchens, so dass seitens der Polizei keine Bedenken bestünden. Das zuständige Polizeirevier äußerte sich dahingend, dass es die Aufgabe der Polizei sei, Bürger dabei zu unterstützen, ihre demokratischen Rechte wahrzunehmen.
Es ist doch schier absurd, dass von uns Veranstaltern, die ihr demokratisch gesichertes Recht wahrnehmen, ein Sicherheitskonzept als Bedingung an die Durchführung der Ausstellung geknüpft wurde – es wäre die Pflicht der Stadt München bzw. der Seidlvilla gewesen, alles zu tun, um Angriffe gegen die Ausstellung oder deren Veranstalter abzuwehren und für Sicherheit zu sorgen. Dies lässt auf ein sehr fragwürdes Demokratie- und Rechtsstaatlichkeitsverständnis seitens der Stadt und Seidlvilla schließen.

Doch auch nach Vorlage des Sicherheitskonzeptes wurde wochenlang der Mietverträg für die Räumlichkeiten vorenthalten mit der Ausrede, er liege dem Kulturreferat zur Überprüfung vor, doch sei der verantwortliche Mitarbeiter leider krank. Erst ca. 1,5 Woche vor Ausstellungsbeginn wurde der Mietvertrag an die Veranstalter übermittelt – das auch nur, nachdem eine Vertreterin von Salam Shalom beim Kulturreferat angerufen hatte; vom Kulturreferat wurde mitgeteilt, dass weder die Stadt für Mietverträge zuständig sei, sondern allein die Trägervereine der öffentlichen Einrichtungen, noch der zuständige Mitarbeiter krank gewesen sei. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt...

Trotz aller unnötigen Hindernissen und perfiden Tricksereien von LHM und Seidlvilla konnte die Ausstellung am 07.05.2024 feierlich mit einer Rede des emeritierten Antisemitismusforschers Prof. Wolfang Benz eröffnet werden. Die augezeichnete Eröffnungsrede, die u.a. auch eine Abwatschung der Stadt München und Seidlvilla war, ist hier zu sehen: https://www.jpdg.de/meldungen/2024/5/14/die-rede-von-prof-wolfgang-benz-zur-erffnung-der-ausstellung-vortrag-nakba-flucht-und-vertreibung-der-palstinenser-1948

In seiner Rede zitierte Prof. Benz auch Prof. Ernst Tugendhat, der 2010 die Schirmherrschaft der Ausstellung in Tübingen übernommen hatte. Auch diese Rede sollte man sich nicht entgehen lassen: https://view.officeapps.live.com/op/view.aspx?src=https%3A%2F%2Fwww.palaestina-portal.eu%2FAnlagen%2FTugendhat-Rede%2520zur%2520Er%25C3%25B6ffnung%2520der%2520Nakba.doc&wdOrigin=BROWSELINK

Die Ausstellung fand überwältigenden Anklang bei den Bürgern. Obwohl die Seidlvilla nur sehr begrenzte Besuchszeiten zuließ und diese hin und wieder spontan änderte/verkürzte, kamen knapp 1400 Besucher und fast 500 Ausstellungskataloge wurden verkauft. Sämtliche Ausstellungstafeln sowie  weitere Information sind auf der Webseite von „Flüchtlingskinder im Libanon e.V.“ unter www.lib-hilfe.de einzusehen.

Es waren sicherlich die seit dem 08.10.2023 andauernden Zustände in Gaza, aber auch das „Distanzierungsstatement“ der LHM, das die Stadt u.a. auf Infomonitoren in öffentlichen Verkehrsmitteln veröffentlicht hatte, die zu dem enormen Interesse bei den Bürgern geführt hatten. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an die Stadt München für die gute PR!

Hier ein paar Auszüge aus dem Gästebuch der Ausstellung:

„Und von dieser historisch korrekt recherchierten Darstellung musste sich die Stadt München und Seidlvilla distanzieren? Danke für die Präsentation und die historische Darstellung des Leids.“

„Eine unbedingt notwendige und informative Ausstellung, die klar macht, wo die Ursachen des jetzigen Konflikts liegen“

„Vielen Dank für diese sehr wichtige Ausstellung, auch wenn meine Arbeitgeberin, die Landeshauptstadt München, diese Ausstellung nicht zulassen wollte. Geschichte kann nicht verheimlicht werden. Wir müssen in einem demokratischen Land wie Deutschland darüber sprechen dürfen, was in Palästina passiert ist und derzeit noch vor den Augen der Welt passiert. Herzlichen Dank!“

„Eine sehr informative Ausstellung – sachlich und informativ. Ich kann nicht nachvollziehen, warum die Stadt München, eine liberale Stadt, sich so dagegen wehrt bzw. distanziert. Ich meine, das ist nicht nur lächerlich, sondern traurig.“

In ihrem unsäglichen Statement schrieb die Stadt u.a. „Die LHM plädiert für eine Annäherung der Perspektiven durch einen umfassenden und differenzierten Blick auf die historischen und politischen Hintergründe der Situation im Nahen Osten.“
Gleichzeitig beruft sie sich auf ein lächerliches „Gutachten“ von Dr. Sebastian Voigt vom Institut für Zeitgeschichte München-Berlin, das gerade einmal vier Seiten umfasst und vom „AG jüdisch & christlich beim Deutschen Evangelischen Kirchentag“ in Auftrag gegeben worden war, um die Ausstellung als „antisemitisch“ zu diffamieren und sie somit auf dem Evangelischen Kirchentag zu verbieten.
Auf eine Anfrage der Süddeutschen Zeitung hin, distanzierte sich die Leitung des Instituts für Zeitgeschichte von dem „Gutachten“ und erklärte, dass Dr. Sebastian Voigt dieses nicht im Rahmen seiner Mitarbeit am Institut verfasst habe. Komischerweise ist das „Gutachten“ jedoch überall im Netz mit dem offiziellen Briefkopf etc. des Instituts zu finden: https://www.ag-juden-christen.de/wp-content/uploads/2023/06/Gutachten_Voigt.pdf

Die Stadt – allen voran Oberbürgermeister Dieter Reiter – lässt keine Gelegenheit aus, uneingeschränkte Solidarität mit Israel zur Schau zur stellen. Bei keiner Veranstaltung zum 75. Jahrestag der Staatsgründung Israels beispielsweise war auch nur ein einziger Palästinenser zugegen.

Während ein Münchner Studentenverband gegen das städtische Verbot , ein Camp zur Solidarität mit den Palästinensern auf dem Campus der LMU zu errichten, klagen musste, genehmigte die Stadt ohne mit der Wimper zu zucken ein „Gegencamp“ der Deutsch-Israelischen Gesellschaft auf der gegenüberliegenden Campusseite. Welche Berechtigung hat die DIG im Gegensatz zu Studenten, auf Universitätsgelände ein Camp zu errichten? Wäre es nicht eher die Aufgabe der Stadt, deeskalierend zu handeln? Stattdessen greift sie offensiv ein und missachtet dabei das Sachlichkeitsgebot, dem sie im Grunde unterliegt. Das stellt eine alles andere als „differenzierte“ Positionierung der Stadt München dar. 

Und wie differenziert ist die Stadt denn wirklich, wenn sie ein gemeinsames öffentliches Friedensgebet von Christen, Juden und Muslimen auf Druck der Israelitischen Kultusgemeinde absagt?

Am Münchner Rathaus hängt seit dem 07.10.2023 – mit Unterbrechung während Europawahl und Fussball-EM -  die Israelfahne – von der palästinensischen Flagge war und ist weit und breit nichts zu sehen. Auf eine entsprechende Anfrage bei der Stadt wurde mitgeteilt, dass die LHM lediglich mit der israelischen Stadt Be’er Sheva eine Städtepartnerschaft unterhalte und daher nur die Israelfahne hisse. 
Zitat: „... hat die Landeshauptstadt München aus dem in Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz verankerten Selbstverwaltungsrecht ein kommunalpolitisches, aber kein allgemeinpolitisches Mandat, so dass sie sich bei der Beflaggung öffentlicher Gebäude und Masten im öffentlichen Raum im Rahmen der kommunalen Aufgaben und Zuständigkeiten bewegen muss. Unter dem Gesichtspunkt von städtepartnerschaftlichen Verbunden kann eine solche kommunale Aufgabe bejaht werden, da Städtepartnerschaften der Förderung der Völkerverständigung dienen. München unterhält keine Partnerschaft zu einer palästinensischen Kommune. Jedoch hat die Landeshauptstadt München Partnerstädte in Israel (Be´er Sheva) und in der Ukraine (Kyiv). Die Flaggen hängen als sichtbares Zeichen der Solidarität mit unseren Partnerstädten.“

Auf die Frage, ob die Stadt daher nicht verpflichtet sei, das Stadtwappen von Be’er Sheva zu hissen statt der Israelfahne, mit der sie sich dem zitierten Art. 28 Abs. 2 des Grundgesetzes auf allgemeinpolitische Ebene begeben würde, kam keine Antwort mehr.

Während die Bürger Münchens ein enormes Interesse an Fakten und Hintergrundinformationen zu Israel und Palästina zeigen, schwelgt die Münchner Stadtführung in einem selbstverliebten, ignoranten Selbstbild, in dem sie sich selbst suggeriert, sie stünde über dem Gesetz und sei tatsächlich so „differenziert“ wie sie es die Bürger glauben machen möchte.
Auch die permanenten Abwatschungen durch Gerichte, die ein städtisches Verbot nach dem Anderen kippen, ändern scheinbar nichts an der rechtswidrigen Vorgehensweise der Stadt. Doch die Frage ist: Wie lange noch










"Gute Opfer - schlechte Opfer": Nakba-Ausstellung MUC. Kommentar von Jonny Rieder

Gemeinsam mit Salam Shalom e.V. und den Frauen in Schwarz hat die JPDG vom 07.05.24 - 07.06.24 die Ausstellung “Die Nakba - Flucht und Vertreibung der Palästinenser 1948” in der Seidlvilla in München gezeigt.
Die Stadt München hat sich von dieser Ausstellung in einem sehr fragwürdigen Statement distanziert, die Geschäftsführung der Seidlvilla schloss sich diesem Statement an. Die Münchner Bürger hielt das jedoch nicht ab, sich die Ausstellung anzusehen - im Gegenteil: ein Teil der über 1331 Besucher kam, WEIL sie das Statement der Stadt gelesen hatten. Dass sich die Stadt München bereits vor der Ausstellung nicht mit Ruhm bekleckert hat hinsichtlich israelkritischer bzw. pro-palästinensischer Veranstaltungen, ist bekannt und wird in dem hervorragenden Radiokommentar von Jonny Rieder thematisiert. Hier können Sie den Radiobeitrag auf Radio München hören - es lohnt sich!

Radio München – Gute Opfer - schlechte Opfer: Nakba-Ausstellung MUC. Kommentar von Jonny Rieder (radiomuenchen.net)

Die Rede von Prof. Wolfgang Benz zur Eröffnung der Ausstellung: „Nakba – Flucht und Vertreibung der Palästinenser 1948"

Am 07.05.2024 fand die Eröffnung der Ausstellung “Nakba - Flucht und Vertreibung der Palästinenser 1948” in der Seidlvilla in München statt.
Die Ausstellung ist vom 07.05.-07.06.2024 zu sehen (nach vorheriger Erkundigung zu den Öffnungszeiten im Büro der Seidlvilla: 089/333 139)


Die exzellente Eröffnungsrede hielt der renommierte Berliner Antisemitismusforscher Prof. Wolfgang Benz.
Link zum Youtube-Stream:
(156) Prof.Wolfgang Benz. Vortrag „Nakba – Flucht und Vertreibung der Palästinenser 1948" - YouTube

Eine ebenso ausgezeichnete Rede hielt Prof. Dr. Ernst Tugendhat am 13.06.2010 bei der Eröffnung selbiger Ausstellung in Tübingen (nachzulesen unter: Tugendhat-Rede zur Eröffnung der Nakba.doc (live.com)

Die Stadt München hat im Vorfeld zur Ausstellung in der Seidlvilla nichts unversucht gelassen, um diese Ausstellung zu verhindern - erfolglos, denn für ein Verbot der Ausstellung fehlt jegliche Rechtsgrundlage. Die Stadt ließ es sich nicht nehmen, dennoch ein Statement zu veröffentlichen, in dem sie sich von der Ausstellung distanziert (nachzulesen unter: https://stadt.muenchen.de/infos/nakba-ausstellung.html).

In ihrer Distanzierung beruft sich die Stadt auf ein äußerst unwissenschaftliches Gutachen, das von Dr. Sebastian Voigt vom Institut für Zeitgeschichte erstellt wurde (nachzulesen unter: Microsoft Word - Gutachten_Nakba-Ausstellung_Voigt (ag-juden-christen.de)).

Die Organisatoren der Ausstellung (Jüdisch-Palästinensische Dialoggruppe München, Frauen in Schwarz und Salam Shalom, Arbeitskreis Palästina-Israel) veröffentlichten im Gegenzug folgende Pressemitteilung:

Pressemitteilung 

Nakba-Ausstellung öffnet trotz Gegenwehr der Stadt

 Am 7. Mai wird  im Schwabinger Bürgerhaus Seidl-Villa nach monatelangen mühsamen Verhandlungen die Ausstellung „Nakba – Flucht und Vertreibung der Palästinenser 1948“ trotz starker Bedenken der Stadt eröffnet. Veranstalter sind die Jüdisch-Palästinensische Dialoggruppe München, die „Frauen in Schwarz“ und Salam Shalom, Arbeitskreis Palästina- Israel. Die Eröffnungsrede wird der renommierte Berliner Antisemitismusforscher Prof. Wolfgang Benz halten.

Obwohl die Ausstellung seit Jahren in zahlreichen deutschen Städten und auch bei mehreren Evangelischen Kirchentagen gezeigt wurde und viel Lob bekam, gab es es bei der Stadt große Bedenken. Unlängst gab sie jedoch aufgrund des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts,  das 2022 einen Münchner Stadtratsbeschluss vom Dezember 2017 für verfassungswidrig erklärt hatte, ihren Widerstand auf. Mit dem damaligen Stadtratsbeschluss wurden über vier Jahre lang Veranstaltungen unterbunden, die sich in städtischen Räumen kritisch mit der israelischen Besatzungspolitik beschäftigen wollten.

Die Stadt distanziert sich neuerdings in einer Erklärung, die auf ihrer Webseite nachzulesen ist,  von der Ausstellung und bringt bedauernd zum Ausdruck, dass sie rechtlich zur Zulassung verpflichtet sei. Ausdrücklich heißt es,  „die Seidl-Villa und die Landeshauptstadt München machen sich mit den Ausstellungsinhalten nicht gemein“.

Die Veranstalter erwarten, dass die „illiberale Haltung“ der Stadt das öffentliche Interesse an der Ausstellung wahrscheinlich noch erhöhen wird.

Beitrag von Judith Bernstein: „Dort ein Volk, es wohnt für sich, es zählt sich nicht zu den Völkern.“ (Numeri. 23,9)

הן עם לבדד ישכון ובגויים לא יתחשב

„Dort ein Volk, es wohnt für sich, es zählt sich nicht zu den Völkern.“ (Numeri. 23,9)

Martin Buber und Franz Rosenzweig übersetzen den Vers so: „Da, ein Volk einsam wohnt es, unter die Erdstämme rechnet sich‘s nicht“.

Angefangen von dem ersten israelischen Premierminister David Ben-Gurion, der von einem jüdischen Staat sprach und dementsprechend die Palästinenser während des israelischen „Unabhängigkeitskriegs“ vertrieben hat, bis zum jetzigen Premierminister Benjamin Netanjahu, der versucht, Israel und die 1967 eroberten Gebiete „palästinenserfrei“ zu machen,[1] hat sich eine Politik durchgesetzt, die keine echte Friedenslösung zulässt.

Aber kann ein Volk ein Land für sich beanspruchen, das schon bewohnt ist? Ich meine nicht. Das haben schon die Mitglieder von Brit Shalom (Bund des Friedens) erkannt. Es waren vorwiegend jüdische Intellektuelle aus dem deutschsprachigen Raum wie u.a. Martin Buber, Gershom Scholem und Judah Magnes, die sich als die „Spätkommenden“ sahen. In ihrem Manifest von 1929 schrieben sie:

Dem Brith Schalom schwebt ein binationales Palästina vor, in welchem beide Völker in völliger Gleichberechtigung leben, beide als gleich starke Faktoren das Schicksal des Landes bestimmend, ohne Rücksicht darauf, welches der beiden Völker an Zahl überragt. Ebenso wie die wohlerworbenen Rechte der Araber nicht um Haaresbreite verkürzt werden dürfen, ebenso muss das Recht der Juden anerkannt werden, sich in ihrem alten Heimatlande ungestört nach ihrer nationalen Eigenart zu entwickeln und eine möglichst große Zahl ihrer Brüder an dieser Entwicklung teilnehmen zu lassen.“[2]

Dieses Manifest wäre die Chance für die Juden gewesen, im Nahen Osten anzukommen. Leider haben die Israelis es aber vorgezogen, ihren Staat mit Gewalt zu erobern, anstatt ihn gemeinsam mit der dort ansässigen Bevölkerung zu gründen. War es notwendig, die palästinensischen Orte zu zerstören und die Bevölkerung zu vertreiben?  Damit begann für die Palästinenser die bis heute anhaltende Nakba (Katastrophe). Sämtliche israelische Regierungen haben damit in Kauf genommen, dass Israel immer ein Fremdkörper in der Region bleibt.
Das Schicksal der vertriebenen Palästinenser interessierte nach 1948 niemanden.

Letztlich hat das Versagen der Weltgemeinschaft während der Nazizeit und ihr entsprechend schlechtes Gewissen einen wesentlichen Beitrag zur Gründung des Staates Israel geleistet. Für Israel war die Zeitspanne zwischen 1945, als Jüdinnen und Juden aus den KZ kamen, bis zur Gründung des Staates im Jahr 1948 zu kurz. Die Opfer des Holocaust hatten kaum Zeit, ihre Traumata zu überwinden und sahen sich plötzlich in einer Situation, in der ihr Kampf um eine sichere Heimat zu anderem Unrecht führte. Es gelang ihnen nicht anzuerkennen, dass die dort lebende Bevölkerung die „Spätkommenden“ zunächst wohlwollend aufgenommen hatte, obwohl sie auf einen Teil ihres Landes verzichten musste.

Die Zerstörung von Häusern und ganzer Dörfer belegt, dass es der jüdischen Bevölkerung nicht um ein Zusammenleben ging. Man suchte keine Lösung für beide Völker, sondern hatte nur die Sicherheit des neuen jüdischen Staates im Sinn.

Im Laufe der Jahre haben die Palästinenser mit israelischer Staatsbürgerschaft immer wieder gezeigt, dass sie bereit waren, mit den Israelis zusammenzuleben. Heute, nach diesem grauenhaften Krieg in Gaza, kann ich mir nicht vorstellen, dass ein vertrauensvolles Miteinander überhaupt noch möglich ist.

Deshalb ist die Rede von der Zwei-Staaten-Lösung oder der Ein-Staaten-Lösung nur ein Mantra, das der Westen aus Verlegenheit vor sich herträgt, weil er sich nie ernsthaft mit einer richtigen Lösung des Konflikts beschäftigt hat. Nach diesem brutalen Krieg sehe ich keine Lösung mehr. Israel trägt jetzt ein Kains-Zeichen auf der Stirn. 

Noch unterstützt der Westen Israel aus eigenen Interessen. Aber es zeigt sich, dass schon heute z.B. der Globale Süden eine andere Politik im Nahen Osten einschlagen würde. 

Meine Befürchtung ist, dass sich die jüdische Geschichte ein weiteres Mal wiederholen wird. Es gab immer wieder Versuche von Juden, im Heiligen Land zu siedeln, doch sind sie damit letztlich immer gescheitert – wie beispielsweise unter den Griechen und Römern. Es drängt sich der Gedanke auf, dass es ein jüdisches Schicksal ist, keine dauerhafte friedliche Heimat zu finden. Das Judentum hat in der Geschichte nur überlebt, weil es irgendwo in der Welt immer eine Gruppe gab, die das Judentum weitergetragen hat. Als Minderheit wurden sie verfolgt, und als Mehrheit wurden sie im Heiligen Land von Opfern zu Tätern. Vielleicht stimmt der biblische Satz tatsächlich: „Ein Volk es wohnt für sich – es zählt nicht zu den Völkern”.

 Ich hoffe jedoch, dass diejenigen Israelis, die sich seit vielen Jahren um ein Zusammenleben mit den Palästinensern bemühen und sogar Repressalien von der eigenen Bevölkerung und Regierung dafür in Kauf nehmen müssen, nicht vergessen werden.

Der jetzige Gazakrieg hat auch innerhalb Israels zu einer Radikalisierung und Abkehr von demokratischen Prinzipien geführt. So klären nicht nur die Regierung und das Militär ihre eigene Bevölkerung nicht darüber auf, was in Gaza passiert, auch die Medien (bis auf die liberale Zeitung „Haaretz“) berichten kaum über den Tod und die Zerstörung im Gazastreifen. Konsequenterweise hat die israelische Regierung den Sender Al Jazeera zum Sender der Hamas deklariert und ihn in Israel verboten. Der katarische Sender hatte berichtet, was der israelischen Bevölkerung vorenthalten werden soll.  

Die Mehrheit der israelischen Bevölkerung interessiert sich nur für ihre eigenen Opfer, nicht aber für die mittlerweile über 35.000 toten Palästinenserinnen und Palästinenser und die Zerstörung ihrer Häuser, Krankenhäuser, Universitäten und Moscheen.  

Deshalb kann man von der Mehrheit der Juden in Israel nicht als „Licht für die Völker“ sprechen, (Jesaja 49,6). Vielmehr passt hier das Zitat: „Ein Volk, es wohnt für sich. Es zählt sich nicht zu den Völkern“.

 

[1] Das Zitat ist dem Buch meines verstorbenen Mannes Reiner Bernstein „Wie alle Völker...? Israel und Palästina als Problem der internationalen Diplomatie“ entnommen.

[2] Das Nationalstaatsgesetz von 2018 zementiert die Idee von einem rein jüdischen Staat, der nur den Juden gehört, sehr deutlich

Judith Bernsteins X-Profil finden Sie unter diesem Link: 
https://x.com/JudithBernstei5?t=w5f48Qdv8rS7Hpk1BHyemQ&s=03

Rede von Abood Khalifeh auf der Kundgebung " All Eyes on Rafah" - Landshut, 11. Mai 2024

Antisemitismus-Bezichtigung als Vorwand für Zensur?

Während sich meine Vorredner auf die Katastrophe in Gaza fokussierten, was auch das dringende und brennende Thema ist, denn jeden Tag werden Kinder auf grausame Weise getötet, oder verkrüppelt, widme ich meine Rede der Einschränkung unserer Grundrechte, und der versuchten Zensur, welche offensichtlich unter dem Vorwand „Antisemitismusbekämpfung“ stattfindet.

Für mich finden aktuell zwei Katastrophen statt, die eine ist das Abschlachten Tausender in Gaza, die Zweite ist die massive Einschränkung unserer Grundrechte durch Repressionen und direkte sowie indirekte Zensur – und das in demselben Jahr, in welchem wir 75 Jahre Grundgesetz feiern.

Hinzu kommt die Diskreditierung der Institutionen, welche nach dem II. Weltkrieg geschaffen wurden, wie z.B des IGHs, um eben ein „Nie wieder“
sicherzustellen. Palästinenser verlieren ihr Leben auf grausamste Weise und unsere demokratischen Grundrechte sind auf der Verliererseite und nehmen nachhaltigen Schaden, wenn das so weitergeht.

Eigentlich ist eine erneute Rede zum Thema Antisemitismus auf unseren Kundgebungen überflüssig … „überflüssig wie ein Kropf“, wie man hier in Bayern sagt.

Ich frage mich, warum müssen sich in einem demokratischen Land aktuell die Opfer und nicht die Täter erklären? Zumindest scheint dies zu gelten, wenn es um Israel geht. Obwohl auf unseren Kundgebungen keinerlei Antisemitismus herrscht, viele Jüd:innen mit uns gegen Israels Kriegsverbrechen demonstrieren, unsere Kritik eindeutig der israelischen Regierung und deren Kompliz:innen und Mittäter:innen gilt, werden wir immer wieder aufs Neue in Medien und seitens Politiker:innen als „Versammlung von Judenhasser:innen“ dargestellt. Dies nicht nur von Hetzern des Axel Springer Verlags, sondern auch von Redakteur:innen renommierter Blätter wie der SZ. Das Kalkül scheint klar zu sein: Kritiker:innen zu dämonisieren - um einerseits von den Kriegsverbrechen Israels abzulenken und andererseits, um einen Vorwand zu haben, Kundgebungen, Kongresse oder Uni-Camps zu unterbinden, und somit unser Grundrecht auf Meinungsfreiheit einzuschränken. In anderen Worten, Antisemitismus wird missbraucht für eine Agenda! Statt die unzähligen Gräueltaten der israelischen Armee in Gaza und in der völkerrechtswidrig besetzten Westbank zu thematisieren (welche nicht erst seit dem 7.10.2023 stattfinden), suchen Journalisten mit der Lupe z.B. nach „Slogans“ die sie dann frei interpretieren und daraus Vernichtungsaufrufe phantasieren.

In Zeiten, in welchen ein Genozid vor laufenden Kameras stattfindet, frage ich Sie – liebe Politiker:innen und Medien: Worin steckt eine Gefahr, in Slogans in die sie Vernichtungsaufrufe hineinphantasieren, oder in verbrecherischen Taten und Massenermordungen? Hetze gegen Demonstrant:innen und Billigung von Kriegsverbrechen - meine Lieben - sind Straftaten! Ich hoffe, dass die Staatsanwaltschaft diese Diffamierer und Hetzer nicht weiterhin duldet. Ich finde es übrigens bedauerlich, dass in der BRD - anders als in den restlichen EU-Staaten - die Staatsanwaltschaft einem Ministerium und somit der Regierung unterstellt ist. Ich gebe jedoch die Hoffnung nicht auf, dass die Staatsanwaltschaft auch gegen
anti-palästinensischen Rassismus und gegen Hetzer:innen vorgeht und die verfassungswidrigen Einschränkungen der Meinungsfreiheit ebenfalls
bekämpft. Ansonsten werden wir selbst Klagen einreichen müssen, um diese Straftaten zu stoppen.

Also meine lieben Journalist:innen und Politiker:innen,
ich wiederhole es nochmal schön langsam und zum Mitschreiben.: Für uns ist Antisemitismus ebenso abscheulich wie jede andere Form des Rassismus. Antisemitismus schadet auch den Paläsenensern - er dient dem zionistischen Siedlerkolonialismus, um seine Kriegsverbrechen und die ethnische Säuberung Palästinas zu rechtfertigen. Wir sind hier nicht um zu hassen, sondern allein und ausschließlich um ein Ende des Mordens an Zivilisten, Frauen und Kindern zu fordern, und ebenso um ein Ende der militärischen Unterstützung eines Staates zu fordern, welcher aktuell offensichtlich seine am 10.3.1948 beschlossene ethnische Säuberung Palästinas mit brutalsten Mitteln vorantreibt - dies wie immer unter dem Vorwand der Selbstverteidigung und Darstellung der Paläsenenser als Terroristen und Barbaren – und wir sind hier auch, um ein Ende der Diffamierung als Antisemiten, die lediglich der Einschränkung der Meinungsfreiheit dient, zu fordern. Anti-Völkermord, Anti-Israelischer-Faschismus sind kein Antisemitismus. Wer das vermischt, verwässert bewusst den Kampf gegen den wahren Antisemitismus.

Ich erinnere daran, dass Antisemitismus eine europäische Erfindung ist, während europäische Jüd:innen stets Zuflucht im arabischen Raum fanden. Das friedliche Zusammenleben arabischer Juden, Christen und Muslime wurde erst durch den kolonialen Zionismus zerstört. Laut Professor Avi Shlaim (ein jüdischer, britisch-israelischer Historiker, der aus dem Irak stammt), übte der Mossad in den 50er Jahren Bombenattentate auf Juden aus – und tötete Juden, um irakische Jüd:innen zur Flucht nach Israel zu bewegen.

In einem offenen Brief mit dem Titel „Die Freiheit der Andersdenkenden“ welchen mehr als 100 in Deutschland beheimatete jüdische Künstler:innen, Schriftsteller:innen und Wissenschaftler:innen unterzeichnet haben, wird erwähnt, dass nach Angaben der Bundespolizei „die überwiegende Mehrheit der antisemitischen Straftaten - etwa 84 % - von deutschen extremen Rechten begangen [wird]“.
Statt darüber zu berichten, und den wahren Antisemitismus zu bekämpfen, verbringen diese Verleumder:innen, zu denen auch die RIAS zählt, ihre Zeit damit, auf unseren Demos antisemitische Äußerungen Einzelner zu suchen; statt den wahren Antisemitismus zu durchleuchten. Da sie nicht fündig werden, behaupten sie in ihren Berichten falsche Tatsachen. Belege für ihre Behauptungen bleiben sie ihren Leser:innen schuldig.

Auf meine faktenbasierte Briefe zu diesem Thema an die SZ bekam ich leider - jedoch wie erwartet- keine Antworten. Statt auf meine E-Mails oder Kommentare auf X zu antworten, blockierte mich deren „Journalist“ auf Twitter.
Liebe SZ, ist das nicht ein erbärmliches Armutszeugnis? Ich möchte nicht unerwähnt lassen, dass es auch Reporter bei der SZ gibt, die es hinbekommen, ausgeglichen zu berichten – wenn auch sehr vorsichtig.
„Wes’ Brot ich ess’, des’ Lied ich sing’“, scheint die Divise zu sein. Diesen Satz soll kürzlich ein/e BR Reporter:in geäußert haben. Deren bzw. dessen Namen ich zum Schutz nicht nennen werde. Sonst ist er bzw. sie seinen/ihren Job womöglich los.

Der Münchner Stadtrat begnügt sich nicht mit Diffamierungen. Er versucht, das Grundrecht auf Meinungsbildung durch Verbote von Veranstaltungen einzuschränken. Roger Waters’ Konzerte sollten verboten werden, ebenso wie der Auftritt des israelischen Historikers Ilan Pappe, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Da wir in einem Rechtsstaat leben, verlor die Stadt mehrere Prozesse und verschleuderte lediglich mit diesen Zensurversuchen Steuergelder.

Dem Verein Salam Shalom oder der Jüdisch-Paläsenensischen Dialoggruppe werden systematisch Steine in den Weg gelegt. Raumanmietungen sollen verhindert werden.

Lieber Stadtrat München,
es tut mir leid, aber ein solches Verhalten erinnert an die Zeit als Bücher am Königsplatz verbrannt wurden. „Hauptstadt der Bewegung“ war ein dunkles Kapitel, das sich keiner zurückwünscht.
Ich wiederhole, Sie können sich nicht mit dem Blut der Kinder von Gaza von den Verbrechen der NS-Zeit an Jüd:innen freiwaschen. Mit neuem Unrecht machen Sie altes nicht ungeschehen! Wer schweigt, macht sich mitschuldig. Wer hetzt, verleumdet und Kriegsverbrechen billigt. ist Mittäter.

Liebe Medien und Politiker:innen,
Unterstützen Sie nicht erneut einen Völkermord!!! Stoppen Sie die Massaker und den Angriff auf Rafah - SOFORT!!! Die freie Welt wird Sie anklagen.
Treten Sie nicht 79 Jahre intensive Vergangenheitsbewältigung und Erinnerungskultur durch erneute Repressionen, Diffamierung mit der Absicht der Zensur und mit erneuter Hetze in die Tonne!

Und liebe Journalisten und liebe RIAS Mitarbeiter:innen,
Ihr könnt beruhigt nach Hause gehen! Hier werdet ihr keinen Antisemitismus finden. Zum Verleumden braucht ihr nicht zu kommen - das könnt ihr bequem von zu Hause auf dem Sofa texten (was die Reporter auch offensichtlich tun).
Sucht woanders, im rechten deutschen Lager zum Beispiel. Oder investiert Eure Zeit z.B. um aufzuklären, was tatsächlich am 7.10.’23 geschah und was erfundene Lügen der Organisation “Zaka” waren, welche ihr voreilig, ohne Überprüfung Euren Lesern aufgetischt habt - Beispiel: „geköpfte Babies“. Das schuldet Ihr Euren Lesern und den Kindern, die in diesem Krieg, auch mit deutschen Waffen, und befeuert durch Eure Berichterstamung ermordet wurden und aktuell noch werden.

Einen Mitschnitt der Rede können Sie auf Youtube ansehen:
(157) Antisemitismus-Bezichtigung als Vorwand zur Einschränkung der Meinungsfreiheit - YouTube
Abood Khalifehs X-Profil finden Sie unter diesem Link:
https://x.com/abood2000?t=IsZRxiKHcsZwuVPfVIG3Nw&s=03

Nakba-Ausstellung, 07.05.-07.06.2024, Seidlvilla München

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde,

 2023 jährte sich am 14. Mai nicht nur der 75. Jahrestag der Ausrufung des Staates Israel sondern auch die Nakba (arabisch für Katastrophe) für die Palästinenser, die bereits seit 1947 aus den palästinen-sischen Gebieten vertrieben wurden bzw. fliehen mussten, auf denen dann der Staat Israel gegründet wurde. Es sind die helle (israelische) und die dunkle (palästinensische) Seite derselben Medaille. Während es im vergangenen Jahr zahlreiche Veranstaltungen zur Staatsgründung Israels gab und sich immer noch viele Berichte in den Print- und den digitalen Medien finden, war kaum etwas über die Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung zu lesen und zu hören.

Die Münchner Gruppierungen der Palästinasolidarität (Jüdisch-Palästinensische Dialoggruppe, Frauen in Schwarz und Salam Shalom) wollten dies ändern und bemühen sich seit März 2023 um Räume im Schwabinger Bürgerhaus Seidlvilla für die Ausstellung ‚Nakba – Flucht und Vertreibung der Palästinenser 1948‘. Judith Bernstein hatte mit der damaligen Geschäftsführerin der Seidlvilla eine mündliche Vorabsprache getroffen, die durch die wenig später neu berufene Geschäftsführung allerdings bestätigt bzw. neu verhandelt werden sollte.

Dazu kam es allerdings nicht, weil die eingeschaltete Stadtspitze / das Kulturreferat strikt gegen eine solche Ausstellung in der Seidlvilla war und erst ein befreundeter Anwalt, ein früherer Stadtrat und MdB, unter Berufung auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.01.2022 eine Genehmigung für die Ausstellung erreichen konnte. Es kam zu keiner Terminabsprache und der Terrorangriff vom 07. Oktober 2023 brachte vorerst alle Verhandlungen zum Erliegen.

 Nach langen zähen Verhandlungen konnte für Dienstag, 7. Mai 2024, 19:00 Uhr die Eröffnung der vierwöchigen Ausstellung vereinbart werden (siehe anliegenden DIN A5-Flyer).

Vertraglich festgelegt ist, dass das Veranstaltungshaus Seidlvilla die gewohnten Gruppentreffen, Workshops, Kurse usw. auch in den für die Ausstellung vorgesehenen zwei kleineren Räumen im Erdgeschoss durchführen kann. Deshalb ist es ratsam, sich zeitnah telefonisch vor einem geplanten Besuch der Ausstellung innerhalb der üblichen Bürozeiten (Mo.-Fr. 10:00-17:00 Uhr, Tel. 089-33 31 39) zu erkundigen, ob die Räume zugänglich sind.                                                          

Trotz all dieser Einschränkungen würden wir uns sehr freuen, Sie/euch am 7.Mai 2024 um 19:00 Uhr zur Ausstellungseröffnung durch den renommierten Antisemitismusforscher Prof. Wolfgang Benz begrüßen zu können.

 Mit herzlichem Gruß,
Jüdisch-Palästinensische Dialoggruppe, Salam-Shalom e.V., Frauen in Schwarz

 

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Leserbrief v. Abed Khalifeh zu: Der Krieg in Nahost als "Brandbeschleuniger" (Martin Bernstein, Süddeutsche Zeitung)

An die SZ-Redaktion

Leserbrief zum Artikel „Der Krieg in Nahost als ‚Brandbeschleuniger‘“ vom 16.04.2024 15:13 Uhr

Wörthsee, dem 22.04.2024

Sehr geehrte Damen und Herren der SZ Redaktion,

erneut versucht Herr Bernstein, mit seiner Schlagzeile dem Leser ein falsches Bild zu vermitteln, indem er die in München lebenden, aus „Nahost“ stammenden Bürger, des Judenhasses und Antisemitismus bezichtigt.
Mit der Aussage „Antisemitismus und als ‚Israelkritik‘ verbrämte Hetze gegen den jüdischen Staat beschäftigen in München die Sicherheitsbehörden“ versucht Herr Bernstein Israelkritik mit Judenhass gleichzusetzen. Diese Diffamierung dient lediglich dazu, jegliche Kritik an Israels Völkerrechtsverletzungen, Kriegsverbrechen und Faschismus im Keim zu ersticken und eine sachliche Debatte zu verhindern. Die Einschränkung von Grundrechten wird hierbei billigend in Kauf genommen.

In einem Brief an Staatsministerin Claudia Roth, welcher Ihnen bekannt sein dürfte, beschrieb Shelly Steinberg von der Jüdisch-Palästinensischen-Dialoggruppe-München treffend, dass es beim Antisemitismus „… wie bei jeder Form des Rassismus nicht darum, was gemacht wird, sondern vom wem etwas gemacht wird – nicht das Was, sondern das Wer ist hier entscheidend. Und daher ist der Antisemitismusvorwurf gegen Kritiker der israelischen Politik absurd“ (nachzulesen hier auf der Webseite der JPDG ).

Die im Artikel des Herrn Bernsteins erwähnten Zahlen belegen keineswegs, dass Angriffe vom palästinensischen „Lager“ zu verzeichnen waren. Die zitierte „hohe Emotionalisierung“, welche „Anlass für zahlreiche Versammlungen und Veranstaltungen" war, ist keine Straftat, sondern ein Grundrecht, wird jedoch von Herrn Bernstein dem Absatz der Statistik der Straftaten angehängt, offenbar um den Lesern den Eindruck zu vermitteln, dass seit dem 7.10. Palästinenser vermehrt Juden in München angreifen. Die Hintergründe der Täter bei den von ihm gelisteten Straftaten gegen jüdische Bürger bleiben unerwähnt (rechte Szene?). Straftaten und Hassparolen gegen Palästinenser widmet er keinen Satz. Das Beispiel von Angriffen auf mein Haus, oder der Aufruf zum Völkermord an Palästinensern am Heinrich-Heine-Gymnasium sind ihm nicht unbekannt. Ein professioneller objektiver Bericht, wie man ihn von einer Zeitung Ihres Formats erwartet, hätte antipalästinensischen Rassismus und Straftaten ebenfalls beinhaltet.

Laut einem Brief, welchen 100 jüdische Akademiker unterzeichnet haben, werden nach Angaben der Bundespolizei „die ‚überwiegende Mehrheit‘ der antisemitischen Straftaten - etwa 84 Prozent - von deutschen extremen Rechten begangen“. Es scheint kein Zufall zu sein, dass Herr Bernstein seinen Artikel nur wenige Tage nach dem Erscheinen des offenen Briefs veröffentlicht. Auch, dass Herr Bernstein diesen Brief im Rahmen seines Artikels nicht erwähnt, lässt vermuten, dass er keine objektive Berichterstattung betreffend den wahren Antisemitismus anstrebt.
Dem nicht genug, behauptet Herr Bernstein in seinem Artikel „Judenfeindliche Hetzer nehmen an pro-paläästinensischen Versammlungen teil“, liefert jedoch keinen einzigen Beleg für diese Behauptung.

Anders als in seinem Artikel behauptet, unterscheiden die Akteure auf den Pro-Palästina Demonstrationen stets deutlich zwischen Juden und der israelischen Aggression welcher die Kritik gilt. Auch jüdische und israelische Aktivisten beteiligen sich and den Protesten und kritisieren die israelischen Kriegsverbrechen. Ich frage mich, ob Herr Bernstein diese Juden ebenfalls als Antisemiten einstuft. Ein Beispiel für die deutliche Unterscheidung belegt der Applaus der Demonstranten zu meiner Aussage „Das Schützen jüdischen Lebens in der BRD ist auch unser Anliegen und Verpflichtung als Bürger“. Darf ich Sie fragen, weshalb über diese Demonstration in der SZ nicht berichtet wurde? Dies, obwohl Herr Bernstein sowie die SZ namentlich angesprochen wurden und Herr Bernstein behauptet die Demonstrationen zu beobachten und Videomaterial auszuwerten.

Wie bereits in meinem Brief vom 20.11.2023 geäußert, dienen solche Artikel und Schlagzeilen lediglich dazu, ein hier verbreitetes Stereotyp von Judenhassern zu bedienen. Anti-Völkermord, anti-israelischen-Faschismus sind kein Antisemitismus. Wer das vermischt, verwässert den Kampf gegen wahren Antisemitismus. Das „was“ und nicht das „wer“ ist hierbei entscheidend.

Herr Bernstein äußerte im November „das Existenzrecht (nein, mehr noch: die absolute Notwendigkeit) eines jüdischen Staates Israel“, sei für ihn „unverhandelbar“. In seinem o.g. Artikel betont er erneut „den jüdischen Staat“ und indiziert somit, dass er sich gegen einen demokratischen Staat für alle dort lebenden Menschen (mit gleichen Rechten, religionsunabhängig) positioniert. Dies treibt ihn offenbar an, stets den Slogan „from the river to the sea“ zu thematisieren und als Aufruf zur Vernichtung Israels zu interpretieren. Diese Aussage traf er auch nach meiner Kritik an seiner Schlagzeile „5000 Demonstranten sprechen Israel das Existenzrecht ab“, welche im November ein falsches Bild der Demonstration zeichnete. Auf meinen ausführlichen Leserbrief und meine sachliche Antwort auf seine Beschuldigungen bekam ich leider keine Antwort.

Antisemitisch ist aus meiner Sicht, wer Israels Faschismus und Verbrechen mit Juden gleichsetzt und damit implizit Juden des Völkermords bezichtigt. Israels aktuelle Regierung und Politik repräsentiert nicht die Juden, sondern einen faschistischen, rassistischen, kolonialen Zionismus. Die diversen faschistischen Äußerungen israelischer Minister und Amtsträger sind Ihnen sicherlich nicht unbekannt, werden jedoch nicht thematisiert.Des Weiteren zitiert Herr Bernstein den Innenmister, wonach die „Gruppierung Palästina Spricht“ in sozialen Medien „ungeniert antisemitische Inhalte“ verbreiten würde, führt jedoch kein Beispiel auf. Zu einem seriösen Journalismus, wie man ihn von der SZ erwartet, gehört die Überprüfung der Posts sowie solcher Aussagen, selbst wenn diese von einem Minister stammen. Haben Sie hierbei antisemitische Äußerungen gefunden und entsprechend angezeigt? Mir persönlich ist bisher keine antisemitische Äußerung aufgefallen, ansonsten hätte ich diese unverzüglich zur Anzeige gebracht. Antisemitismus ist nicht nur verwerflich, sondern schadet den Interessen der Palästinenser und ihrem Streben nach Freiheit und Grundrechten.

Die stets wiederholte Diffamierung von Israelkritikern als Antisemiten und Straftäter, kombiniert mit seinen Aussagen und dem Weglassen maßgeblicher Informationen und Fakten, erwecken den Eindruck, dass sich Herr Bernstein schwertut, seine private „nicht verhandelbar[e]“ Meinung zu Israel sowie seine Weltanschauung von seiner Profession als Reporter zu trennen. Seine Meinungen und unverhandelbaren Positionen beeinflussen offensichtlich seine Berichterstattung, welche in der SZ nicht als „Meinung“ oder „Kommentar“ gekennzeichnet ist.

Somit ist Herr Bernstein meines Erachtens nicht für Berichterstattungen zum Thema Nahost oder Antisemitismus geeignet, sofern die SZ einen objektiven Journalismus anstrebt. Schließlich beauftragt man keinen islamischen Imam oder Evangelikalen mit der Berichterstattung über die Queer-Szene in München.Die Artikel des Herrn Bernsteins sehe ich eher als „Brandbeschleuniger“, und zwar für antipalästinensischen Rassismus sowie für den Verfall des objektiven Journalismus in der BRD und zur Kündigung von SZ-Abonnements.

Mit freundlichen Grüßen

Abed Khalifeh

Leserbrief von Judith Bernstein an die SZ: "Die Schande von Berlin“ und „Habt ihr gut geschlafen?“ vom 27. Februar 2024

“Die Schande von Berlin“ und „Habt ihr gut geschlafen?“ vom 27. Februar 2024

Die Berlinale hat gezeigt, wie groß die Kluft zwischen der Politik und der deutschen Bevölkerung ist. Die Kritik, dass der brutale Angriff der Hamas vom 7. Oktober nicht erwähnt wurde, ist berechtigt. Allerdings stimme ich Antonio Guterres zu, dass dieser Angriff nicht im leeren Raum stattgefunden hat. Und genau  davon haben die Regisseure des Films „No other Land“ gesprochen. Die Statements von Yuval Abraham  und Basel Adra könnten im Übrigen in der israelischen Presse nicht veröffentlicht werden, denn bis auf die liberale Zeitung Haaretz wird in den israelischen Medien mit keinem Wort über das Töten und die Zerstörung im Gazastreifen berichtet. Die Mehrheit der Israelis will es auch nicht wissen. Sollen wir uns etwa daran ein Beispiel nehmen, aus Angst vor Antisemitismus? Und wem helfen wir damit? Einem Netanjahu, der nicht nur die Palästinenser, sondern sein eigenes Volk (so wie die Geiseln) opfert, indem er unbedingt den Krieg weiterführen will, um nicht wegen der gegen ihn führenden Prozesse im Gefängnis zu landen?

Die Reaktion des Publikums bei der Berlinale hat gezeigt, dass die Bevölkerung sich nicht mehr den Mund verbieten lassen will. Deshalb sollten die Politiker, die Medien, der Zentralrat der Juden und die Jüdischen Gemeinden eine andere Haltung zur israelischen Politik einnehmen. Ansonsten befürchte ich als Jüdin, dass der tatsächliche Antisemitismus befördert wird.

Judith Bernstein

Antisemitismusvorwurf gegen die Berlinale 2024 - Ein Brief von Shelly Steinberg an Staatsministerin Claudia Roth

Sehr geehrte Frau Roth,

ich wende mich an Sie, da ich sprach- und fassungslos bin angesichts der Reaktionen auf die Reden auf der Berlinale 2024.

Ich selbst bin in Israel geboren und in Deutschland aufgewachsen. Ich habe Judaistik, Jüdische Geschichte und Kultur sowie Kultursoziologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München studiert.
2010 habe ich im Rahmen des IPS (International Parliamentary Scholarship) für den Bundestag ein Praktikum in der Knesset in Jerusalem asolviert.

Seit Jahren ist hier in Deutschland ein äußerst bedenkliches, repressives Vorgehen der Politik gegenüber israelkritischen Stimmen zu sehen. 

Um eine pro-israelische Agenda durchzusetzen, missbrauchen Politiker und weitere öffentliche Institutionen den Begriff Antisemitismus. Diese Diffamierung macht auch vor jüdischen bzw. israelischen Kritikern keinen Halt. Es ist zu beobachten, wie deutsche Politiker sich zu Handlangern der Israellobby machen und dabei geltendes Recht missachten. Meinungsfreiheit ist eines der höchsten demokratischen Güter - doch sobald es um Israel geht, wirft die deutsche Politik rechtsstaatliche Prinzipien über Bord. Zugunsten der Politik Israels wird Menschen das in der Verfassung verbriefte Recht auf Meinungsfreiheit entzogen. Meinungsfreiheit bedeutet aber nicht nur das Recht des Einzelnen auf freie Meinungsäußerung, sonder auch das Recht, sich freiheitlich eine Meinung bilden zu können; mit den permanenten Zensuren missachtet der Staat somit das Recht der Gesellschaft, Zugang zu unterschiedlichen Informationen zu bekommen. Und genau dieses Spektrum an Informationen zu gewährleisten, wäre die Aufgabe der politischen Ebene und nicht - so wie sie es jetzt tut - eine bestimmte Meinung und Direktive vorzugeben und mit verfassungswidrigen Repressionen durchzusetzen.

Antisemitismus ist ganz klar als Hass/Anfeindung gegen Juden aufgrund ihrer bloßen Existenz als Juden definiert. Beim Antisemitismus geht es wie bei jeder Form des Rassismus' nicht darum, was gemacht wird, sondern vom wem etwas gemacht wird - nicht das Was, sondern das Wer ist hier entscheidend. Und daher ist der Antisemitismusvorwurf gegen Kritiker der israelischen Politik absurd. Den Palästinensern und ihren Unterstützern ist es egal, dass die Besatzer und Unterdrücker Juden sind - wären die Besatzer Buddhisten, würden sich die Palästinenser genauso wehren. Es sind doch eher die Deutschen, die mit einer regelrechten Obsession alles verteidigen, was Israel macht, weil es sich dabei um Juden handelt. Es sind die Deutschen, für die das Wer die entscheidende Rolle spielt - und das entspricht ganz klar der Definition von Antisemitismus. 

Das Wort "Jude" ist kein einziges Mal auf der Berlinale gefallen. Dennoch wird hier Antisemitismus herbei fantasiert. Wenn man den Begriff "Genozid" im Bezug auf Israels Vorgehen in Gaza nicht verwenden darf, weil das antisemitisch sei, dann bedeutet das im Umkehrschluß, dass Genozid etwas Jüdisches sei. Es ist eine schiere Unverschämtheit, welches Bild des Judentums von deutschen Politikern hier gezeichnet wird. Es ist nichts Jüdisches, Kinder, Männer und Frauen zu entrechten, zu entwürdigen und umzubringen. Es ist nichts Jüdisches, Land eines anderen Volkes zu rauben und die dortige Bevölkerung zu unterdrücken und auszubeuten. Daher KANN die Kritik an solchen Zuständen gar nicht antisemitisch sein. Wer jedoch angesichts dieser Verbrechen von Antisemitismus spricht, missbraucht diesen Begriff und zeichnet ein widerliches Bild vom Judentum. Gegen eine solche Darstellung des Judentums verwehre ich mich vehement!

Statt in den eigenen Reihen wahren Antisemitismus zu bekämpfen, wird hier gegen jeden Israelkritker geschossen. Ein solches Vorgehen wirkt sich nicht sonderlich förderlich auf die demokratische Ordnung in diesem Land aus.

Es wäre schön, wenn auch einmal andere jüdische Stimmen als die des Zentralrats der Juden Gehör finden würden - denn der Zentralrat vertritt nur die absolute Minderheit der in Deutschland lebenden Jüdinnen und Juden. Der Zentralrat ist kein von den Bürgern gewähltes politisches Organ, daher herrscht bei den Bürgern Unverständnis über die enorme Einflussnahme des Zentralrats auf bestimmte politische Themen. Es ist nicht Aufgabe der deutschen Politiker, sich in Israelbelangen Vorgaben durch den Zentralrat machen zu lassen und diese dann unkritisch umzusetzen.

Ich stehe gerne jederzeit für einen weiteren Austausch zur Verfügung

Mit freundlichen Grüßen,
Shelly Steinberg
Jüdisch-Palästinensische Dialoggruppe München

Redebeitrag Rihm Hamdan auf der AntiSiko-Demo, 17.02.2024 München

(Im unten angehängten YouTube-Link können Sie die Rede von Rihm Hamdan ab Minute 14:40 sehen und hören)

Freunde des Friedens,
Freunde der Freiheit,
Freunde Palästinas.

 Auch dieser Krieg wird nicht zum Frieden führen!
Wieder mal brennt es in Palästina. Jeder Krieg, den der Staat Israel führt, wird damit begründet, dass der jüdische Staat um sein Überleben kämpfen bzw. seine Bürger vor den Raketen- der Hisbollah oder der Hamas schützen müsse. Seit 75 Jahren geht das nun so- also auch vor der Existenz von Hamas und Hisbollah. Es wurden immer Vorwände gefunden, Palästinenser: innen zu bombardieren, einzusperren, zu vertreiben oder als Terroristen zu bezeichnen.

 Israel hat seine Militärstrategien in den letzten Jahrzehnten der Kriege ziemlich perfektioniert und meint, seine Feinde von innen und außen zu kennen, und sie total zu beherrschen. Mit seinen bestens ausgebildeten Soldaten und mit Hilfe der modernsten und tödlichen amerikanischen, deutschen und im Land produzierten Waffen, ist dieser Staat, die mit Abstand stärkste Militärmacht in der Region. Auch nach Meinung israelischer Militärexperten war der jüdische Staat militärisch nie bedroht, er hat seine Feinde militärisch immer beherrscht.

 Wie kommt es, dass dieser Staat, seit mehr als 75 Jahren nach seiner Gründung immer noch Kriege gegen seine Nachbarn führen muss? Sicher war ein Grund die Ablehnung des neu gegründeten Staats durch die Nachbarländer. Inwieweit diese Ablehnung berechtigt war, muss gesondert diskutiert werden. Fakt ist jedoch, dass sich mittlerweile fast alle Nachbarn mit diesem Staat gezwungenermaßen abgefunden haben.
Nun die Frage, warum brennt es wieder in Palästina? Begann es am 07.10.2023?
-  Nein, die Vertreibung von mindestens 750.000 Palästinenser/innen fand bereits vor 75 Jahren statt!
-  Die Zerstörung von über 530 palästinensischen Dörfern fand vor über 75 Jahren statt.
-  Die Ermordung von tausenden von Palästinenser/innen findet ohne Pause seit 75 Jahren statt!
-  Die willkürlichen Verhaftungen von auch minderjährigem Palästinenser/innen finden ebenfalls seit 75 Jahren statt.
-  Die Umsetzungen der Apartheidstrukturen in Palästina findet seit 75 Jahren statt und wird nach und nach extremer! Zur Erinnerung: Apartheid ist ein im Völkerrecht definiertes Verbrechen gegen die Menschlichkeit!
-  Die Schikanen gegenüber Palästinenser/innen finden seit 75 Jahren statt.
-  Die Unterdrückung der Palästinenser/innen findet seit 75 Jahren statt.
-  Die Entmenschlichung der Palästinenser/innen finden seit 75 Jahren statt.
-  Das Ausüben von psychischer als auch physischer Gewalt findet seit 75 Jahren statt. Das Errichten von illegalen Siedlungen findet seit 75 Jahren statt.
-  Die UNO Resolution 194 zur Rückkehr der palästinensischen Flüchtlinge in ihre Heimat wurde vor 75 Jahren beschlossen und ist bis heute nicht erfüllt.

 Seit 75 Jahren finden Kriegsverbrechen und Völkerrechtsverletzungen statt und die Welt schaut zu! Also NEIN, es begann nicht am 07.10.23!

 Sprechen wir nun über die vergangenen 133 Tage:
-  133 Tage: Abschottung von überlebensnotwendigen Mitteln, wie z.B. Wasser, Strom, Treibstoff, medizinischer Versorgung und vieles mehr…
-  133 Tage: Bombardierungen auf Flüchtlingslager, Krankenhäuser genauer gesagt 133 Tage Bombardement auf alles, was sich im Gazastreifen befindet
-  133 Tage: Einsatz von weißem Phosphor
-  133 Tage: 70.000 Verletzte!
-  133 Tage: 30.000 Ermordete- Männer, Frauen und Kinder!
-  133 Tage: Vertreibung von über 90% der Bevölkerung in angeblich sichere Gebiete, um dann dort Zivilisten kollektiv zu ermorden. 

Nochmal um es deutlich zu machen: 4% der Bevölkerung Gazas ist entweder ermordet oder verletzt. 4% der deutschen Bevölkerung entspricht etwa 3,4 Millionen Menschen. Also allen Einwohner/innen Berlins.
Israel ist das jedoch nicht genug. Jetzt will man Rafah, die südlichste Stadt Gazas, in der fast alle Vertriebenen Sicherheit suchen, bombardieren. Unsere Außenministerin Bärbock äußert sich dazu: „Eine humanitäre Katastrophe mit Ansage“ Zitat Ende.
Wir wissen alle, es werden trotzdem keine Maßnahmen gegen diese humanitäre Katastrophe, eingeleitet.
Und somit sichert sich Deutschland mal wieder ein Kapitel im Geschichtsbuch.

 133 Tage Genozid an der palästinensischen Bevölkerung!
Und ich wiederhole mich. Es ist ein Genozid. Kein Konflikt, Kein Krieg, sondern ein Genozid, so wie es Südafrika vor den IGH vorlegte, welcher die Klage und Anhaltspunkte als plausibel anerkennt und die Klage nicht ablehnt.
Jeder und Jede der sich nicht zu 100% gegen diesen Genozid stellt, unter anderem natürlich die unzähligen Politiker/innen und Profiteure, welche sich aktuell unweit im Bayrischen Hof treffen, sind Mittäter und müssen hierfür zur Rechenschaft gezogen werden.

 Fakt ist auch, dass Israel fortwährend seine Militärstrategien perfektioniert und rein gar nichts in Friedensstrategien investiert hat.
Werbepsychologen würden sagen: Krieg, da weiß man, was man hat. Frieden? Nein, der birgt viele unbekannte Gefahren.

 Das ist nicht nur meine Meinung. Das sind die Aussagen der israelischen Regierungsmitglieder, wie auch vom israelischen Präsident Jitzchak Herzog, welcher ebenfalls hier in München empfangen wird.
„Es ist ein ganzes Volk, das verantwortlich ist. Diese Rhetorik über Zivilisten, die angeblich nicht involviert wären, ist absolut unwahr […] und wir werden kämpfen, bis wir ihr Rückgrat brechen“ Zitat Herzog.
So ein Politiker wird also in unserer Stadt empfangen? Schämt euch!

 Inzwischen ist die internationale Kritik an Israel nicht mehr überhörbar. Auch der Westen wird immer mehr gezwungen, die blinde bedingungslose Solidarität zu Israel zu hinterfragen. Vor allem in Deutschland sollte ein Nie Wieder für alle gelten. Unabhängig von Ethnie, Religion oder Sexualität. An diesem Punkt haben die meisten Politiker/innen, ganz vorne voran Olaf Scholz, Annalena Baerbock und Robert Habeck komplett versagt und werden noch Rechenschaft schuldig sein. Auch ihr: schämt euch!
Der Weg zu dem lang ersehnten Frieden in der Region geht nur über die Befreiung Palästinas. Die Besatzung durch Israel und die tägliche Demütigung der Palästinenser/innen seit über 75 Jahren sind die eigentlichen Ursachen für diesen Krieg und auch für die kommenden Kriege.

Nur der Druck auf Israel und die Beendigung der Besatzung kann das Problem lösen. Leider ist es nicht absehbar, dass irgendwer in diesem Land irgendwann Druck auf Israel ausüben könnte. Die Angst ist zu groß.
Das Gegenteil ist der Fall. Trotz seiner menschenverachtenden Besatzungspolitik genießt der jüdische Staat die uneingeschränkte Unterstützung der westlichen Länder. Als Begründung wird angeführt, Israel sei der einzig demokratische Staat in der Region. Uns Palästinenser*innen ist es egal, ob wir von einem demokratischen Staat unterdrückt werden oder von einem diktatorischen, uns ist es egal ob unser Land, unser Wasser und unsere Menschenwürde von einem demokratischen Staat geraubt wird oder von einem diktatorischen.
Es ist an der Zeit, dass der Israel mehr Friedensstrategien mit seinen Nachbarn und weniger Kriegspläne für den Gazastreifen erarbeitet, sonst war dieser Krieg nicht der letzte. Schade um jedes Menschenleben.

 Ich danke jeder und jedem Einzelnen, welche sich mit voller Solidarität hinter palästinensisches Leben und Identität stellen. Wir erleben maximale Repression und Diffamierung durch Politik und Medien. Aber wir lassen uns hiervon nicht einschüchtern. Wir stehen auf der richtigen Seite der Geschichte.

 Freiheit für alle Menschen zwischen Jordan und Mittelmeer.

 Free Palestine!

YouTube-Link zur Rede von Rihm Hamdan:
 Antisiko 17.2.2024 Teil1 Auftaktkundgebung München Stachus Karlsplatz (youtube.com)

 

 


Redebeitrag Shelly Steinberg auf der AntiSiko-Demo, 17.02.2024 München

(Im unten angehängten YouTube-Link können Sie die Rede von Shelly Steinberg ab Minute 26:35 sehen und hören)

Ich bin in Israel geboren und in Deutschland aufgewachsen. Ich habe beide Staatsangehörigkeiten, auf die ich nie stolz war – ich habe mich aber auch noch nie so geniert wie jetzt.

Während Israel Kriegsverbrechen begeht und vor dem internationalen Gerichtshof des Völkermordes angeklagt ist, versichert Deutschland seine uneingeschränkte Solidarität mit Israel und liefert zum Beispiel Schuss- und Panzermunition für über 20 Mio. Euro. Und gleichzeitig werden Gelder an zivilgesellschaftliche palästinensische Organisationen gestrichen – obwohl deren Integrität untersucht und keine Verbindungen zu Terrororganisationen festgestellt wurden.

Deutschland verweist immer wieder auf seine geschichtliche Verantwortung und Freundschaft gegenüber Israel. Doch was für eine Freundschaft soll das denn sein? Das ist, wie wenn jemand seinem betrunkenen Freund auch noch die Autoschlüssel in die Hand drückt. Die Politik Deutschlands geht davon aus, dass es seine Schuld durch blinde Unterstützung Israels abgelten kann. Doch ein Unrecht lässt sich nicht mit einem Anderen wiedergut- oder ungeschehen machen.
Dasselbe gilt auch für die jetzige Situation in Gaza. Das Massaker vom 07. Oktober rechtfertigt die Gräueltaten in Gaza nicht.
Während die überwältigende Mehrheit der Deutschen das Vorgehen Israels in Gaza verurteilt, hat die deutsche Politik den Vorwurf des Völkermordes gegenüber Israel abgewiesen - und das, noch bevor der Internationale Gerichtshof ein entsprechendes Urteil verkündet hat. Damit wird im Grunde impliziert, dass Deutschland ein solches Urteil nicht anerkennen, sondern sich darüber hinaus als Drittpartei auf die Seite Israels stellen wird.
Deutschland verabschiedet sich somit vom Internationalen Recht. Doch muss den deutschen Politikern klar sein, dass nicht nur derjenige, der Völkermord begeht, schuldig ist; auch diejenigen, die ihn nicht verhindern bzw. sogar unterstützen, machen sich mitschuldig und werden mit Konsequenzen zu rechnen haben. Ist es mit der Israelsolidarität in der deutschen Politik also schon so weit, dass man sich mehr Israel gegenüber verpflichtet fühlt als dem internationalen Recht oder der eigenen Bevölkerung?
Und nur zum Verständnis: Es ist naiv und illusorisch zu glauben, dass Israels Krieg in Gaza mit dem 7. Oktober, der Zerschlagung der Hamas, der Befreiung der Geiseln oder mit Selbstverteidigung zu tun hat. Mittlerweile machen viele hochrangige israelische Politiker gar keinen Hehl mehr daraus, dass das wirkliche Ziel in der Vertreibung der Palästinenser aus und der Ansiedlung von Juden im Gazastreifen besteht. Das jetzige Vorgehen Israels in Rafah lässt gar keinen Zweifel mehr zu. Zudem dient dieser Krieg Netanyahu dazu, seine Machtposition in Israel zu erhalten und sich vor den gegen ihn geführten Prozessen zu drücken. Daher hat er überhaupt gar kein Interesse daran, den Krieg zeitnah zu beenden.

Es wäre zu wünschen, dass die Empörung deutscher Politiker über Israels Vorgehen gegen die Palästinenser genauso groß wäre wie die Empörung über Sätze wie „From the River to the Sea“. Es wäre schön, wenn deutsche Politiker sich für diplomatische und v.a. faire Lösungsansätze in Israel/Palästina einsetzen würden, statt legitime Kritik und Proteste gegen die Politik Israels als antisemitisch zu diffamieren und zu kriminalisieren.
Seit Jahren werden israelkritische Akteure mit hanebüchenen Anschuldigungen wie Antisemitismus überzogen und müssen mit gewaltigen Repressionen rechnen. Wie oft noch müssen deutsche Bürger Politiker vor das Gericht zerren, damit diese sich einfach an geltendes Recht halten?

Zugunsten der Politik Israels wird deutschen Bürgern das in der deutschen Verfassung verbriefte Recht auf Meinungsfreiheit entzogen. Der unsägliche und juristisch mehr als nur fragwürdige Anti-BDS-Beschluss der Stadt München von 2017 hat eine Ära der politischen Repressionen eingeleitet. Gegen diesen Beschluss, der es Bürgern untersagt, sich in öffentlichen Räumen kritisch zur Politik Israels zu äußern, haben Münchner Bürger geklagt. Das Bundesverwaltungsgericht Leipzig hat im Januar 2022 festgestellt, dass dieser Beschluss rechtswidrig ist und gegen die Verfassung verstößt, auf die OB Reiter und seine Kollegen geschworen haben. Die permanente Missachtung der Verfassung stellt daher auch einen Bruch ihres Amtseides dar. Doch wie hat OB Reiter auf das Urteil reagiert? Er sagte: „Dann muss man die Gesetze ändern“.
Indem bestimmte Veranstaltungen von der Stadt untersagt werden, verletzt sie nicht nur das Recht Einzelner auf freie Meinungsäußerung, sondern das Recht der gesamten Münchner Gesellschaft, sich freiheitlich eine Meinung bilden zu können. Aber genau diesen Prozess der freien Meinungsbildung zu unterstützen, ist die Stadt gesetzlich verpflichtet.

Der Stadtrat - allen voran Herr OB Reiter - setzt jedoch nach wie vor alles daran, ihm unliebsame Meinungen und Akteure aus dem öffentlichen Diskurs zu verbannen. Es wird so lange Druck auf die Leitungen von öffentlichen Räumen ausgeübt, z.B. mit Drohung des Entzugs finanzieller Unterstützung, bis diese im letzten Moment, teilweise nur ein paar Stunden vor Veranstaltungsbeginn, die Mietverträge für israelkritische Veranstaltungen aufkündigen. Nur durch einstweilige Verfügungen können die Veranstaltungen dennoch stattfinden. Beim letzten Mal – bei einem Vortrag des israelischen Historikers Prof. Ilan Pape – verfasste die Stadt daraufhin ein Statement, in dem sie zusammengefasst erklärte, dass sie es bedaure, sich an geltendes Recht halten zu müssen.
Und immer lautet der Vorwurf gegen die Veranstaltungsorganisatoren „Antisemitismus“; mit diesem inflationär missbrauchten Begriff führt die Stadt eine regelrechte Kampagne gegen israelkritische Bürger. Nicht einmal Jüdinnen und Juden bzw. jüdische Israelis sind von diesen Diffamierungen ausgenommen.
ABER, Herr OB Reiter: auch der Kampf gegen Antisemitismus hat in einem rechtsstaatlichen Rahmen stattzufinden. Politische Verfolgung und Verbannung aus der Öffentlichkeit, Auftritts- und Arbeitsverbote hatten wir schon einmal hier in dieser Stadt. Und wo der Gesetzesbruch zu offensichtlich wäre, da werden einfach öffentliche Gelder gestrichen, um so die Kritiker aus dem öffentlichen Diskurs zu verbannen. Nur zur Info: Auch wir zahlen Steuern! Man kann sich nicht solcher Maßnahmen bedienen und behaupten, sie dienten dem Kampf gegen Antisemitismus. Im Gegenteil, genau mit diesen Repressionen wird eine antisemitismusfördernde Atmosphäre geschaffen. Es ist darüber hinaus eine unfassbare Schande, wie das Gedenken an die Opfer des Holocausts für eine pro-israelische Agenda missbraucht wird. Wer den Antisemitismusvorwurf dermaßen instrumentalisiert, scheint keine Argumente zu haben.

Genauso paradox ist es auch, hier gegen rechte Parteien auf die Straße zu gehen, während gleichzeitig der rechtsradikalen Regierung Israels, deren Minister sich teilweise selbst dazu bekennen, Faschisten zu sein, uneingeschränkte Solidarität zugesagt wird. Damit unterstützt Deutschland aber nicht den israelischen Staat, sondern lediglich dessen rechtsradikale Regierung, die nicht nur gegen die Palästinenser, sondern auch gegen jüdische israelische Demokraten vorgeht, und versucht, eine rechte Diktatur in Israel zu etablieren.

In der deutschen Politik hat sich eine Mentalität breit gemacht, die auf Konfrontation und Krieg setzt und Diplomatie als Schwäche ansieht, was aber auch nicht sonderlich verwunderlich ist, wenn man bedenkt, dass Außenministerin Baerbock – die ranghöchste Diplomatin Deutschlands – keinen Funken Diplomatie in sich trägt. Auch ihre jetzigen Forderungen nach Flucht- bzw. Schutzkorridoren für die Menschen in Rafah ändern daran nichts mehr – diese Forderungen sind schier lächerlich, wenn man sich die katastrophalen Zustände und bisherigen Entwicklungen in Gaza anschaut.

Deutsche Politiker scheinen sich als Handlanger pro-israelischer Lobbyisten zu verstehen. In Israelbelangen folgt die deutsche Politik kritiklos den Direktiven des Zentralrats der Juden, der sich wohl als Botschaft Israels definiert.
Nur die Minderheit der Juden in Deutschland wird vom Zentralrat bzw. den jüdischen Gemeinden vertreten. Dennoch finden jüdische Stimmen, die von der des Zentralrats und Frau Knobloch abweichen, kein Gehör – im Gegenteil, auch sie werden als antisemitisch diffamiert und müssen mit Repressionen rechnen.

Außenministerin Baerbock sagte einmal im Bezug auf ihre Versprechen an die Ukraine „No matter what the German voters think“ – diese Auffassung beschreibt leider mittlerweile die gesamte deutsche Politik – besonders offensichtlich jedoch im Hinblick auf die Politik Israels. Man wähnt sich in vermeintlicher Sicherheit gegen den Antisemitismusvorwurf, wenn man blind die Politik Israels unterstützt. Damit macht es sich Deutschland aber sehr leicht und merkt dabei nicht, wie es selbst immer mehr den Boden der Rechtsstaatlichkeit verliert.
Die Situation im Nahen Osten wäre nie so weit gekommen, wenn Israel klare Grenzen aufgezeigt worden wären. Wo liegt denn aber für deutsche Politiker die Grenze? Deutschland trägt eine große Mitverantwortung für die Verbrechen an den Palästinensern, indem es alles, was Israel tut, rechtfertigt, wenn nicht sogar unterstützt. Dagegen müssen wir vorgehen.

Denn – wie Bertold Brecht es einmal gesagt hat: „Wenn Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zu Pflicht!“

Vielen Dank!

YouTube-Link zur Rede von Shelly Steinberg:
https://www.youtube.com/watch?v=vWTsNas5N7Q&t=2300s

Brief an das Auswärtige Amt

von Judith Bernstein

Sehr geehrte Damen und Herren,

seit mehreren Jahren haben mein verstorbener Mann Dr. Reiner Bernstein und ich immer wieder Kontakt zum Auswärtigen Amt gehabt (anfangs zu Frau Misera-Lang und zum Schluss zu Herrn Dr. Ernst).

Die letzten Nachrichten aus Israel und Palästina  bezüglich des Krieges mit Hamas, aber auch aus der Westbank und den gemischten Orten in Israel deuten darauf hin, dass die jetzige  israelische Regierung beabsichtigt, das ganze Gebiet „palästinenserfrei“ zu machen. Mein Vater stammte aus dem ersten „judenfreien“ Ort in Hessen (Gelnhausen), ich weiß daher was das bedeutet. Leider gewinne ich den Eindruck, dass man in Deutschland die Situation nicht richtig einschätzt. Wir stehen vor einer schrecklichen Katastrophe, die wirklich zu einem 3. Weltkrieg führen kann. Die Reaktionen in der gesamten muslimischen Welt und auch bei uns sehen wir schon jetzt.
Israel hätte einen ganz anderen Weg gehen können, wie ich ihn in meinem Beitrag versucht habe darzustellen:

https://www.jpdg.de/meldungen/2023/10/17/eine-verpasste-chance-meine-gedanken-zum-krieg-zwischen-israel-und-hamas

Ich mache mir keine Sorgen um mich, aber ich mache mir Sorgen um die Zukunft meiner Kinder und Enkelkinder genauso wie um die Zukunft derer, die in Israel und Palästina leben.

Die einseitige europäische und amerikanische Politik in Bezug auf Israel-Palästina ist gescheitert und trägt eher zur Eskalation des Konflikts bei. Warum findet bei uns kein Umdenken statt? Ich höre schon jetzt Stimmen unter der Bevölkerung, die warnen vor einer neuen Fluchtkatastrophe aus dem Gazastreifen, die sich auf dem Weg nach Deutschland macht.

Nur eine ehrliche Auseinandersetzung mit dem Thema, d.h. die richtige Lehre aus der deutschen Geschichte zu ziehen und nicht die üblichen Floskeln von Staatsräson, Solidarität mit Israel (mit dem „Musterdemokraten“ Netanyahu?) könnten noch eine Katastrophe verhindern.

Wie es heißt, beabsichtigt die israelische Regierung, die Ansiedelung der Bevölkerung aus Gaza im Sinai:

https://www.972mag.com/intelligence-ministry-gaza-population-transfer/

Ich bitte Sie, dies um jeden Preis zu verhindern! Es wäre eine Katastrophe für die Bevölkerung von Gaza, die seit 75 Jahren immer wieder entwurzelt wurde (wann hören sie endlich auf, Flüchtlinge zu sein? Welche Zukunft haben ihre Kinder?). Ich verurteile den brutalen Angriff der Hamas, der auch der eigenen Bevölkerung geschadet hat. Aber Netanyahu und seine rechte Regierung gefährden nicht nur die eigene Bevölkerung, sondern auch die Juden weltweit. 

Die Fehler, die Israel mit Hilfe des Westens begangen hat, habe ich in meinem Beitrag niedergeschrieben.

Für eine Antwort wäre ich Ihnen sehr verbunden.

Mit freundlichen Grüßen

Judith Bernstein

www.jpdg.de

Bundeskanzler Olaf Scholz, Ihre Aufgabe ist es, den Zerstörungsfeldzug zu stoppen

von Amira Hass
Haaretz, 16. Oktober 2023 (mit einem Übersetzungsprogramm aus dem Hebräischen übersetzt)

Bundeskanzler Olaf Scholz sagte am vergangenen Donnerstag: „Das Leid und die Not der Zivilbevölkerung im Gazastreifen werden nur noch zunehmen. Auch dafür ist die Hamas verantwortlich.“ Aber gibt es eine Grenze für dieses zunehmende Leid, wenn man bedenkt, dass Sie und Ihre Kollegen im Westen Israel uneingeschränkt unterstützt haben?
Werden Sie es hinnehmen, dass 2.000 palästinensische Kinder getötet werden? Sind 80.000 ältere Menschen, die möglicherweise an Dehydrierung gestorben wären, wenn die Wasserversorgung aus Israel nicht erneuert worden wäre, in Ihren Augen eine legitime Zunahme des Leidens?
Sie sagten auch: „Unsere eigene Geschichte, unsere Verantwortung, die sich aus dem Holocaust ergibt, macht es für uns zu einer ewigen Aufgabe, für die Existenz und Sicherheit des Staates Israel einzutreten.“ Aber Herr Scholz, es gibt einen Widerspruch zwischen diesem Satz und dem oben zitierten.
„Das Leid und die Not werden zunehmen“ ist ein Blankoscheck für ein verwundetes, verletztes Israel, das hemmungslos vernichten, zerstören und töten darf, und riskiert, uns alle in einen regionalen Krieg zu verwickeln, wenn nicht sogar in einen dritten Weltkrieg, der auch Israels Leben gefährden würde, seine Sicherheit und Existenz. Wohingegen „Verantwortung, die sich aus dem Holocaust ergibt“, bedeutet, alles zu tun, um einen Krieg zu verhindern, der in einem endlosen Kreislauf zu Katastrophen führt, die zu Kriegen führen, die das Leid vergrößern.
Das habe ich von meinem Vater gelernt, einem Überlebenden der deutschen Viehwaggons bereits 1992 sagte er mir jedes Mal, wenn ich aus Gaza mit Berichten über die Unterdrückung seiner Bewohner durch Israel zurückkam: „Es stimmt, das ist kein Völkermord, wie wir ihn erlebt haben, aber für uns endete er nach fünf oder sechs Jahren. Für die Palästinenser dauert das Leid seit Jahrzehnten an.“ Es ist eine andauernde Nakba.
Ihr Deutschen habt Eure Verantwortung, die sich „aus dem Holocaust“ ergibt – also aus der Ermordung unter anderem der Familien meiner Eltern und dem Leid der Überlebenden – längst verraten. Sie haben sie verraten, indem Sie ein Israel vorbehaltlos unterstützt haben, das besetzt, kolonisiert, den Menschen Wasser entzieht, Land stiehlt, zwei Millionen Menschen in Gaza in einem überfüllten Käfig einsperrt, Häuser zerstört, ganze Gemeinden aus ihren Häusern vertreibt und Siedlergewalt fördert.
Und das alles geschah unter der Schirmherrschaft eines sogenannten Friedensabkommens, dem Sie und andere westliche Führer zugestimmt haben. Sie haben zugelassen, dass Israel im Widerspruch zu diesem Abkommen in seiner europäischen Interpretation handelt – als Weg zur Gründung eines palästinensischen Staates in den von Israel 1967 besetzten Gebieten, den viele Palästinenser gerade deshalb unterstützten, weil sie weiteres Leid und Blutvergießen verhindern wollten.
Es gibt genügend Diplomaten und Mitarbeiter von Hilfsorganisationen, die darüber berichtet haben, wie Hunderttausende junge Palästinenser unter der arroganten Unterdrückung durch Israel und der willkürlichen Tötung von Zivilisten jede Hoffnung und jeden Sinn ihres Lebens verloren haben. Palästinensische Menschenrechtsaktivisten haben immer wieder gewarnt, dass Israels Politik nur zu einem Gewaltausbruch unvorstellbaren Ausmaßes führen könne. Auch israelische und jüdische Friedensaktivisten haben Sie gewarnt.
Aber Sie sind Ihrem Weg treu geblieben und haben Israel die Botschaft übermittelt, dass alles in Ordnung sei – dass niemand es bestrafen oder den Israelis durch energische diplomatische und politische Schritte beibringen wird, dass es mit der der Besatzung keine Normalität geben kann. Und dann bezichtigten Sie Israels Kritiker des Antisemitismus.

NEIN, diese Kolumne ist keine Rechtfertigung für die Mord- und Sadismusorgie, die die bewaffneten Hamas-Männer begangen haben. Es ist auch keine Rechtfertigung für die schadenfrohen Reaktionen einiger Palästinenser und die Weigerung anderer, sich mit den in ihrem Namen begangenen Gräueltaten auseinanderzusetzen.
Vielmehr ist es ein Aufruf an Sie, die aktuelle Kampagne des Todes und der Zerstörung zu stoppen, bevor sie eine weitere Katastrophe über Millionen von Israelis, Palästinenser, Libanesen und vielleicht sogar Bewohner anderer Länder in der Region bringt.

EINE VERPASSTE CHANCE - Meine Gedanken zum Krieg zwischen Israel und Hamas

von Judith Bernstein

„Dem Brith Schalom schwebt ein binationales Palästina vor, in welchem beide Völker in völliger Gleichberechtigung leben, beide als gleich starke Faktoren das Schicksal des Landes bestimmend, ohne Rücksicht darauf, welches der beiden Völker an Zahl überragt. Ebenso wie die wohlerworbenen Rechte der Araber nicht um Haaresbreite verkürzt werden dürfen, ebenso muss das Recht der Juden anerkannt werden, sich in ihrem alten Heimatlande ungestört nach ihrer nationalen Eigenart zu entwickeln und eine möglichst große Zahl ihrer Brüder an dieser Entwicklung teilnehmen zu lassen.“, 1929.*

 (*Das Zitat ist dem Buch meines verstorbenen Mannes Reiner Bernstein „Wie alle Völker...? Israel und Palästina als Problem der internationalen Diplomatie“ entnommen.)

 Dieses Manifest, das bereits 1929 verfasst wurde, wäre die Chance für die Juden, im Nahen Osten anzukommen. Leider haben die Juden aber es vorgezogen, statt einen gemeinsamen Staat mit der dort ansässigen Bevölkerung zu gründen, ihren Staat mit Gewalt zu erobern. War es wirklich notwendig, die palästinensischen Orte zu zerstören und die Bevölkerung zu vertreiben?  So begann für die Palästinenser die bis heute anhaltende Nakba; damit haben Ben-Gurion und seine Regierung es in Kauf genommen, dass Israel immer ein Fremdkörper in der Region bleiben würde. Das Schicksal der vertriebenen Palästinenser hat niemanden nach 1948 interessiert.

 Auch Persönlichkeiten wie Albert Einstein und Hannah Arendt waren skeptisch. Albert Einstein: „Frieden kann nicht mit Gewalt aufrechterhalten werden; er kann nur durch Verständnis erreicht werden. Nicht Herkunft oder Religion sollte unser Sein und unser Leben bestimmen, sondern allein die Vernunft, die Toleranz und die Verantwortung füreinander!“
Hannah Arendt plädierte für einen jüdischen Staat im Rahmen eines föderativen, multiethnischen Konstrukts. Nur so, glaubte sie, konnte die jüdische Nation Teil der Nationen der Welt werden.

Die Zustimmung der Weltgemeinschaft zur Gründung des neuen Staates ging auf das Versagen der Länder zurück, die Juden aus der Barbarei der Nazis zu befreien. Auch sah der Westen Israel als sein Bollwerk in der Region.

Eine weitere Chance für Israel wäre die Niederlage der arabischen Staaten nach 1967 gewesen. Es war diesmal Golda Meir, die nicht bereit war, mit den besiegten Staaten Jordanien und Ägypten über einen eigenständigen palästinensischen Staat zu verhandeln.
Der Erste, der verstanden hat, dass der Konflikt nicht mit Gewalt zu lösen war, war Yitzhak Rabin (der bestimmt kein Linker war). Dafür musste er mit seinem Leben bezahlen; ihm wurde vorgeworfen, „er kümmere sich nicht um sein Land“.

Zu Hamas: Israel hat Hamas als Konkurrenz zur PLO aufgebaut, um die palästinensische Bevölkerung zu spalten. Für Netanyahu war immer klar, dass er nie mit der Hamas über einen Frieden verhandeln würde. Er befürchtete jedoch, dass der Westen ihn evtl. zu einem Frieden mit der PLO zwingen würde. Da er die Hamas gebraucht hat und auch heute noch braucht, hat er sie nach keinem Gazakrieg vernichtet.
Im Gegensatz zu vielen Palästina-Anhängern in Deutschland wollen die Palästinenser vor Ort weder die Hamas noch die PLO - sie wollen in Frieden und Freiheit leben. Vor allem die jungen Menschen, die keine Zukunft für sich sehen und aus den sozialen Medien entnehmen, wie andere junge Menschen leben, wünschen sich nichts anderes als wie alle Jugendliche in der Welt zu leben.

Die Hamas hat in ihrer letzten gewaltätigen und brutalen Aktion vom 07.10.23 genau die Orte zerstört und deren Einwohner ermordet bzw. verschleppt, die gegen die Politik ihrer Regierung demonstriert haben und zum großen Teil zum Friedenslager gehörten. Bis zur Abriegelung des Gazastreifens gab es von ihnen sogar Unterstützung für die Bewohner Gazas. Viele der Verwandten der Ermordeten und Verschleppten beschuldigen die eigene Regierung für den Tod und die Geiselhaft ihrer Angehörigen verantwortlich zu sein.
Hamas hält die palästinenesiche Bevölkerung als Geisel genau wie die israelische Regierung es mit ihrer Bevölkerung tut. Der Westen hat es versäumt, die Bevölkerungen auf beiden Seiten und nicht ihre korrupten Regierungen zu unterstützen.

Warum hat der Westen nicht gegen die Gewalt der Siedler protestiert, die jede Form von zusammenleben verhindert? Ist das die Staatsräson, von der immer wieder die Rede ist? Ich höre zwar, dass die deutsche und europäische Politik versagt hat, aber die deutschen Politiker stellen sich wieder auf die Seite Israels, auf die Seite des Mannes, gegen den wöchentlich demonstriert wird. Warum eigentlich? Somit verhindert der Westen eine Lösung für alle dort lebenden Völker.
Auch das Abraham-Abkommen, auf das die Amerikaner so stolz sind, war kein Abkommen zwischen den Bevölkerungen, sondern zwischen Despoten und der korrupten israelischen Regierung. Wieder einmal hat der Westen die falschen Kräfte unterstützt. So hat er verhindert, dass Israel im Nahen Osten ankommt. Eine Tragödie für Israel!
Israel befand sich zwar im Nahen Osten, hat aber in seinem „way of life“ immer den USA und Europa nachgeahmt. Wenn Israel im Nahen Osten ankommen will,  muss es sich mit seinen Nachbarn und nicht mit Amerika oder Europa verständigen.

Und nun zu Deutschland:
Was heißt Solidarität mit Israel - mit welchem Israel? Das Israel von Netanyahu, das mit den Siedlern in der Westbank das vollendet, was 1948 begann – die Säuberung der palästinensischen Gebiete, oder mit den Friedensgruppen?
Wieso wird gegen Antisemitismus gekämpft, nicht aber gegen Antiislamismus – ein Phänomen, das in Deutschland viel weiterverbreitet ist.

 Warum wurden wir, die wir uns für die Gleichstellung der Palästinenser einsetzen – wir, die sehen, dass nur so auch Israel existieren kann - bekämpft? Warum haben die Juden in Deutschland, denen es so gut geht wie nie zuvor, jede Regierung Israels und nicht die Kräfte in Israel, die um die Zukunft dieses Landes kämpfen, unterstützt?
Warum durfte ich seit Jahren nicht über meine Geburtsstadt Jerusalem sprechen? Warum sollte mein Mann wegen seiner vorsichtigen Kritik an der Politik Israels mundtot gemacht werden? (siehe sein letztes Buch „Allen Anfeindungen zum Trotz“).

Mit genau dieser Politik haben Deutschland und der Westen dafür gesorgt, dass die Zukunft Israels im Nahen Osten immer unsicher bleiben wird und wir Juden wieder einmal als der  „Ewige Jude“ abgestempelt werden.

 

Judith Bernsteins Rede beim Frankfurter Verwaltungsgericht am 04.05.2023

Leider konnte Judith Bernstein krankheitsbedingt nicht persönlich an der mündlichen Verhandlung im Frankfurter Verwaltungsgericht teilnehmen, ließ aber folgenden Text von ihrer Tochter, Shelly Steinberg, vorlesen:

 Sehr geehrte Vorsitzende, sehr geehrte Damen und Herren,

aufgrund meiner Krebserkrankung ist es mir leider gesundheitlich nicht möglich, persönlich hier zu sein. Daher freut es mich umso mehr, dass ich - vertreten durch meinen Rechtsanwalt Ahmed Abed und meine Tochter Shelly Steinberg - dennoch die Möglichkeit habe, mich zu den Sachverhalten zu äußern.

Ich bin 1945 in Jerusalem geboren und aufgewachsen. Meine Eltern stammten aus Deutschland und waren 1935 vor dem Naziregime geflohen. Die Eltern und weitere Verwandte meiner Mutter wurden in Auschwitz ermordet; ähnlich erging es der Familie meines Vaters. Zwar waren meine Eltern nicht in der Lage, direkt über diese Greueltaten zu reden, aber eines war immer klar: Rassismus hatte bei uns zu Hause absolut keinen Platz. Und so war mir schon klein auf die Ungleichbehandlung von Juden und Palästinensern im damaligen Palästina unverständlich.
Betrachtet man meine Familiengeschichte, machen einen die Antisemitismusvorwürfe, die Herr Becker schon mehrfach öffentlich über mich geäußert hat, nur sprachlos. Mich in die Nähe des Mörders von Halle und desNS-Antisemitismus zu rücken, ist an Geschmacklosigkeit und fehlendem Anstand nicht zu überbieten.

Herr Becker verwendet den Antisemitismusvorwurf als Druckmittel, seine pro-israelische Agenda durchzusetzen und ihm unliebsame Personen aus dem öffentlichen Leben und Diskurs zu verbannen bzw. mundtot zu machen. Das hat er auch im Jahr 2019 versucht, als die Titania wegen der Drohung von Becker, der damals Bürgermeister von Frankfurt war, den Raum kündigte für die Veranstaltung „Meinungsfreiheit statt Zensur“, die genau das kritisieren wollte. Das ist Zensur statt Meinungsfreiheit par excellence. Die vielen Organisationen, die mich eingeladen haben wurden gleich mit beleidigt, zum Beispiel: attac, IPPNW, Club Voltaire.
Den Beweis für seine Anschuldigungen bleibt Herr Becker jedoch immer schuldig. Sein Vorgehen und seine Vorwürfe gegen mich haben dazu geführt, dass ich von Veranstaltungen ausgeladen wurde, Veranstaltungen wegen meiner geplanten Teilnahme gar nicht erst stattfinden konnten und weitere Veranstaltungen (sei es auch ohne mich) aus Angst der Veranstalter vor der Streichung öffentlicher Gelder gar nicht erst umgesetzt wurden.

Für Herrn Becker spielt das Grundrecht auf Meinungsfreiheit scheinbar keine Rolle – er war maßgeblich daran beteiligt, dass mein Recht auf freie Meinungsäußerung ausgesetzt wurde. Meinungsfreiheit bedeutet aber nicht nur, dass jeder Einzelne frei seine Meinung äußern darf und v.a. die Möglichkeit dazu hat; Meinungsfreiheit bedeutet darüber hinaus auch, dass jeder das Recht hat, sich in erster Linie eine Meinung bilden zu können. Dieses Rechts beraubt Herr Becker die Gesellschaft, indem er unter Androhung von Konsequenzen aus seinem Amt heraus eine Zensur des öffentlichen Diskurses bezüglich der politischen Situation in Israel vornimmt.
Dass Herr Becker sich über sämtliche juristische Maßgaben, die seine Ämter mit sich bringen hinwegsetzt, zeigt auch ein Beispiel aus der Stadtverordnetenversammlung, in der über ein Verbot von Veranstaltungen mit Bezug auf BDS abgestimmt werden sollte. Dort hat Herr Becker auf Anfrage des Stadtverordneten Schulz von der FDP angegeben, er hätte sich vom Rechtsrat der Stadt beraten lassen, welcher die Verfassungskonformität seines geplanten Verbots bestätigt hätte. Eine solche Bestätigung lag der Stadtverordnetenversammlung jedoch nie vor. Was auch verwunderlich gewesen wäre, denn spätestens das Urteil vom Bundesverwaltungsgericht in Leizpig von Januar 2022 legt ganz klar die Verfassungswidrigkeit solcher Verbote dar. Öffentlichen Äußerungen Herrn Beckers zufolge hat er jedoch nicht vor, dieses Urteil zu respektieren, sondern treibt weiter seine verfassungswidrigen Maßnahmen gegen Kritiker der israelischen Politik voran.
Ein solches Vorgehen mag in der Lobbyarbeit Gang und Gebe sein – ist meiner Meinung nach jedoch nicht mit demokratischen, rechtsstaatlichen und verfassungsrechtlichen Werten vereinbar und Herrn Beckers Ämtern unwürdig – innerhalb derer er auf die Verfassung geschworen hat.

Zum Allgemeinen Verständnis möchte ich noch kurz anmerken:
Es ist nichts Jüdisches daran,
-          ein ganzes Volk zu vertreiben
-          eine Flüchtlingsbevölkerung zu schaffen,
-          Palästinenser und Palästinenserinnen zu exekutieren,
-          Millionen von Menschen militärisch zu besetzen,
-          Häuser zu zerstören,
-          Bäume zu entwurzeln,
-          Journalisten gezielt zu ermorden,
-          Palästinenserinnen und Palästinenser willkürlich zu verhaften – darunter auch viele Kinder,
-          Allgemein Menschen ihrer Rechte und Würde zu berauben.
Daher kann Kritik an diesen Zuständen auch nicht als antisemitisch gewertet werden. Wie bereits erwähnt, bleiben Herr Becker und seine Mitstreiter jegliche Beweise zu ihren Behauptungen und Diffamierungen schuldig.

Vielmehr hat der wissenschaftliche Dienst des Bundestages in einem Dossier klar dargelegt, dass Kritik an der Politik Israels und somit auch die BDS- Bewegung nicht antisemitisch sind.

Auf welchen sachlichen und fachlichen Grundlagen basiert Herr Becker eigentlich seine Anschuldigungen? Wissenschaftliche Belege liegen bis dato nicht vor.

Für Herrn Becker scheint Israel einen Kampf für das Judentum zu führen – ich als aus Israel stammende Jüdin verwehre mich jedoch vehement gegen eine solche Interpretation des Judentums wie Herr Becker sie in Deutschland propagiert. Herr Becker merkt dabei gar nicht, was für eine Verzerrung des Judentums er vornimmt und den Juden auf lange Sicht dabei schadet. Seine permanenten Forderungen nach Verboten ihm unliebsamer Veranstaltungen und Meinungsäußerungen fördern eher den Antisemitismus als dass sie ihn bekämpfen. Im Gegenteil: Auch der Kampf gegen Antisemitismus hat im Rahmen verfassungsrechtlicher Grundlagen stattzufinden.
Leider führt Herrn Beckers Vorgehen jedoch dazu, dass wirklicher Antisemitismus nicht mehr als solcher erkannt wird.
Herr Becker unterstellt, dass BDS sich nur gegen Israels Politik richten würde, weil es sich bei den Besatzern um Juden handeln würde. Jedoch ist genau das Gegenteil der Fall – uns ist es egal, WER die Besatzer sind. Vielmehr ist es doch Herr Becker, der bei Israel andere Massstäbe anwendet als anderen Ländern gegenüber. Vielmehr ist es doch Herr Becker, der ein eher problematisches Verhältnis zu und Verständnis von Juden hat. Ich frage mich: Sind denn aus seiner Sicht auch die vielen Israelis, die derzeit gegen die Politik ihrer Regierung auf die Straße gehen, alles Antisemiten? Möchte er am liebsten auch ihnen das Recht auf Meinungsäußerung verwehren?

Herr Becker und die Stadt Frankfurt haben eine immer noch öffentlich einsehbare Pressemitteilung an hunderte Journalisten rausgegeben, in der ich als judenfeindlich verleumdet werde und in die Nähe es antisemitischen Mörders von Halle und des NS-Antisemitismus gerückt werde. Ich als Jüdin, deren Familie in Ausschwitz umgebracht wurde, werde von einem deutschen Antisemitismusbeauftragten, der nie in seinem Leben Antisemitismus erlebt hat, am Sprechen gehindert. Wegen meiner geplanten Veranstaltungsteilnahme sollten derTitania öffentliche Zuschüsse gestrichen werden. Es ist doch geradezu absurd, zu behaupten, gegen Antisemitismus zu kämpfen, wenn man gleichzeitig Juden in Deutschland ihrer Grundrechte beraubt.

Es gibt für mich keine schlimmere Beleidigung und ich erwarte eine Entschuldigung von der Stadt Frankfurt!

Vielen Dank.