Im Namen der Jüdisch-Palästinensischen Dialoggruppe München möchte ich Sie zur letzten Veranstaltung unserer Vortragsreihe Palästina/Israel - Herbst 2015 begrüßen.
Zuvor möchte ich mich bei unseren Partnern – der Münchner Stadtbibliothek mit Frau Sabine Hahn, bei Herrn Hanning und bei der Technik sowie bei der Petra-Kelly-Stiftung mit Gesa Tiedemann – für die großzügige Unterstützung, ganz, ganz herzlich bedanken. Ohne diese Unterstützung hätte diese Reihe nicht stattfinden können.
Im heutigen Vortrag geht es um die Situation der Beduinen in Israel. Ich freue mich, dass wir Salim Altori gewinnen konnten. In einem früheren Beitrag habe ich gelesen, dass er sich als Mensch, Moslem, Beduine, Araber und Israeli – in dieser Reihenfolge – definiert.
Salim ist in Al Araqib geboren. Nach dem Abitur ging er zum Wirtschaftsstudium nach Heidelberg. Von 1988 bis 1995 lebte er in Trier, wo er als Wirtschaftsberater tätig war. Heute wohnt Salim in Rahat, einem der sieben kleinen Orte, die in den siebziger Jahren vom Staat Israel im Süden errichtet wurden, um die dort lebenden Beduinen sesshaft zu machen. Salim Altori ist Leiter der großen Zementfabrik Altori Ltd.
Die Beduinen waren lange bekannt für ihre staatspolitische Loyalität. Viele dienten sogar in der israelischen Armee. Durch die soziale Diskriminierung, durch Enteignungen ihrer Böden, durch mehr oder minder erzwungene Ansiedlungsprogramme und aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit hat sich diese Verbundenheit inzwischen weitgehend erledigt. Auch sind nicht alle Beduinen von der Sesshaftigkeit, die man ihnen anbietet, begeistert. Stattdessen bevorzugen sie das traditionelle Leben in ländlich geprägten Gemeinschaften.
In den 1960er Jahre hatte die Regierung den gesamten Negev zum Staatsland erklärt. Ein Gesetz bestimmte, dass jedes ohne Baugenehmigung errichtete Haus niederzureißen sei. So wurden über Nacht praktisch rund 20 Beduinen-Stämme im Negev zu illegalen Siedlern ohne Wohnrecht.
Zwar ist das Land seit Jahrhunderten von den Beduinen bewohnt, aber sie können vielfach keine handfesten juristischen Belege dafür erbringen, weil in osmanischer Zeit der sogenannte Tabu – die amtliche Registrierung der Böden – nur nachlässig vorgenommen wurde. Daher leben viele Beduinen heute in nicht-anerkannten Dörfern ohne Infrastruktur, ohne Grundversorgung und ohne wirtschaftliche Chancen.
Ich habe Salim kennengelernt, als ich Al-Araqib besuchte. Vor fünf Jahren wurden die Häuser dieses offiziell nicht-anerkannten Dorfes erstmals zerstört und wurden immer wieder auch mit Hilfe von jüdischen Israelis aufgebaut. Am 28. Oktober wurden ihre Anlagen zum 90. Mal niedergerissen; diesmal reichten zwei Bulldozer. Nur der Friedhof steht noch. Die Einwohner konnten ihre wenigen Habseligkeiten retten, werden aber ihr Land nicht verlassen.
Und so spiegelt sich die israelische Politik in Ost-Jerusalem und in der Westbank auch innerhalb der Grüne Linie wider: Es geht um Land.