Offener Brief der Jüdisch-Palästinensischen Dialoggruppe München an den Stadtrat, den Oberbürgermeister und das Kulturreferat der Landeshauptstadt München     

15. April 2019

Die Wahlen in Israel am 9. April 2019 haben unsere Befürchtungen bestätigt, dass es in Israel, in der Westbank und im Gazastreifen keinen Platz für Palästinenser geben soll. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu behauptet, dass die Palästinenser 22 arabische Staaten hätten. Mit unserer Arbeit will die Jüdisch-Palästinensische Dialoggruppe München darauf aufmerksam machen, dass Israel zu einem Apartheid-Staat zu werden droht, worüber sich auch in Israel Ängste breitmachen. 

In Deutschland löst das Thema Antisemitismus zu Recht hohe Sensibilität aus. Allerdings ist es unmöglich, ihn isoliert zu bekämpfen, ohne gegen die Diskriminierung von anderen Minderheiten einzutreten. Der Beschluss des Münchner Stadtrats vom Dezember 2017 erweckt hingegen den Eindruck, dass es lediglich um die Abwehr jeder Kritik an der israelischen Regierung geht. Wir nehmen das Recht der Kritik wahr und verwahren uns gegen die Verleumdung, damit den Antisemitismus zu fördern. 

Die zivilgesellschaftlich getragene BDS-Kampagne setzt sich für die Geltung des Völkerrechts ein und für die juristische Gleichstellung der palästinensischen Staatsbürger Israels. Das im Juli 2018 von der Knesset verabschiedete „Nationalstaatsgesetz für das jüdische Volk“ spricht diesem Anspruch Hohn. 

Ist unser Einsatz für die Menschenrechte der Palästinenser antisemitisch? Anstatt sich mit der Politik Israels auseinanderzusetzten, haben Sie ein Verbot verabschiedet, das die Münchner Stadtgesellschaft spaltet, Ihnen die politische Glaubwürdigkeit raubt und die Jüdisch-Palästinensische Dialoggruppe zum Schweigen bringen soll. Da wir in einer offenen, liberalen Stadt leben wollen, fordern wir Sie auf, den Stadtratsbeschluss umgehend zurückzunehmen. 

Wie wollen Sie es Ihren Kindern und Enkelkindern erklären, dass 74 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs Deutsche erneut zu Menschenrechtsverletzungen geschwiegen haben? Können Sie Ihr Verbot mit Ihrem Gewissen vereinbaren? 

Judith Bernstein                                     Adrian Paukstat 

Firouz Bohnhoff                                       Dr. Jochim Varchmin 

Riyad Helow                                           Gudrun Weichenhahn-Mer

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